Rh + architektur Ralf Bernhardt und Heike Nickel, Weißensberg
Ralf Bernhardt u. Heike Nickel, Weißensberg
BOLL Bauunternehmen, Hegatz (Bauunternehmen); Heidelberger Beton GmbH, Werk Niederwangen, Wangen im Allgäu (Beton)
2015
Weißensberg
Massivbau
45 cm Leichtbetonhülle, ohne Schalungsunterbrechung auf kompletter Gebäudehöhe hergestellt
Wer sich dem Wohnhaus der Familie Nickel-Bernhardt im schönen Weißensberg, vier Kilometer östlich von Lindau gelegen, nähert, der spürt sofort, dass bei diesem Haus manches anders ist als bei vielen anderen Einfamilienhäusern, die in unserer Zeit landauf, landab entstehen. Zum einen ist es endlich mal wieder ein kleines Haus, keine protzige Villa, und gleichzeitig erfüllen sich darin alle Wünsche der Bauherren. Auf das Wesentliche, das Notwendige reduzieren wollte das Architektenehepaar sein eigenes Haus. Und es ist ihnen eindeutig gelungen. Das fällt dem Besucher gleich bei der Form des Hauses – einem schlichten Kubus – auf, erstreckt sich über die verwendeten Materialien und spiegelt sich nicht zuletzt in den Zimmergrößen wider. Je etwa elf Quadratmeter für Kinder- und Elternschlafzimmer sind nicht viel, doch sie reichen aus, wenn sich davor ein Spielflur erstreckt und auch der Rest des Hauses kein Museum, sondern ein belebter Wohnraum sein darf.
Dieser befindet sich im Erdgeschoss und geht nahtlos in den offenen Koch-Essbereich über. Lediglich die zum Obergeschoss führende Treppe trennt diese beiden Zonen etwas voneinander. Die Ausrichtung der Räume, die durch die Positionierung der Fenster klar vorgeben ist, macht deutlich, dass sich der Essplatz dem Besucher öffnen soll, denn die große Glasfront mit einer Hebe-Schiebetür stellt den unmittelbaren Kontakt zu den ankommenden Besuchern und den Nachbarn her. Außerdem kann die Familie so vom Esstisch aus den Blick über die weite Landschaft und die untergehende Abendsonne genießen. Das Wohnzimmer dagegen ist nach Süden und somit zu einem geschützten Bereich auf dem eigenen Grundstück orientiert und dient der Familie eher als Rückzugsort. Im Obergeschoss befinden sich die drei Kinderzimmer, das Schlafzimmer der Eltern und das gemeinsame Bad.
Aus diesem Minimalismus und der Reduktion aufs Wesentliche ergibt sich das Baumaterial eigentlich wie von selbst, wäre es doch undenkbar, hier mit einem Wärmedämmverbundsystem oder Ähnlichem zu arbeiten. Monolithisch sollte gebaut werden, weshalb die Wahl ziemlich schnell auf den hierzulande immer noch fast neuen Dämmbeton fiel. In der Schweiz schon wesentlich verbreiteter, fordert er hier in Deutschland Planer und Handwerker nach wie vor heraus – mit regelmäßig tollen Ergebnissen. Der große Vorteil bei diesem Projekt lag darin, dass die Architekten für sich selbst gebaut haben und sich deshalb nicht sklavisch an alle Normen und Vorschriften halten mussten. So ist beispielsweise die Attika niedriger als die Vorschriften es verlangen, die Abdichtung wurde nur zehn statt der geforderten 15 Zentimeter hochgezogen, auf Abdeckbleche komplett verzichtet, stattdessen mit Flüssigfolie abgedichtet. Die Bewehrung wurde auf das Mindestmaß reduziert, weshalb auf den Betonoberflächen kleine Haarrisse entstanden sind. Diese wirken sich nur auf die Optik aus und stören hier keinesfalls. Als Schalung wurde eine herkömmliche und keine Sichtbetonschalung verwendet, wodurch die Kosten gesenkt werden konnten und die Oberflächen der Wände lebendiger geworden sind. Wichtig war den Architekten allerdings, dass die Wände ohne Unterbrechung bis zu den Brüstungen der Fenster im Obergeschoss durchlaufen und nicht auf Höhe der Decke eine Zäsur entsteht. Die Schalung war aus diesem Grund vier Meter hoch.
Neben der äußeren Hülle besteht auch der innere Kern, der den Technikraum und die Bäder aufnimmt, aus Sichtbeton, alles andere aus Holz. Dies rührt vom Entwurfskonzept her, die Hülle aus schwerem Beton und das „Innenleben“ aus leichtem Holz bauen zu wollen. So entstand durch viel Engagement und ein klares Konzept, das dann auch so umgesetzt wurde ein Wohnhaus, das perfekt zu den Bedürfnissen der Bauherren passt und Baukultur vom Feinsten ist.
Bildnachweis: InformationsZentrum Beton/ Darko Todorovic
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