Peter Böhm Architekten, Köln
Freistaat Bayern vertreten durch das bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, München
Sailer Stepan und Partner, München (Tragwerksplanung); Berger Beton GmbH, Passau (Beton); HeidelbergCement AG, Werk Burglengenfeld (Zement); Leonhard Weiss Ingenieurbau, Göppingen (Ausführung)
2011
80333 München, Gabelsbergerstraße 33
Ludwig I. von Bayern ließ in der Münchener Maxvorstadt einst seine Vorstellungen von einem Isar-Athen verwirklichen. Es entstanden u.a. der Karolinenplatz, der Königsplatz mit Glyptothek und Propyläen, die Alte Pinakothek und die Universität. Bis heute prägen Kunst, Kultur und Bildung die Gegend rund um das sogenannte Kunstareal München. Mit dem Doppelbau der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) und dem Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst (SMÄK) ist ein weiteres Gebäude dazugekommen. Direkt gegenüber der Alten Pinakothek gelegen, entstand es nach Plänen des Kölner Architekturbüros Peter Böhm.
Formal zurückhaltend gestaltet nimmt das parallel zur Gabelsbergerstraße angeordnete Gebäude in seinen Dimensionen Bezug zu dem vis-à-vis liegenden Bau des Architekten Leo von Klenze. Von außen ist nur der oberirdische Teil des 150 m langen Neubaus mit eingefärbtem Sichtbetonsockel und darüber liegendem Glaskörper sichtbar. Während dieser auf sechs Geschossen die Hochschule aufnimmt, befinden sich die Museumsräume auf zwei Geschossen unter der Erdoberfläche. Eine mächtige Portalwand markiert wie eine frei stehende Skulptur den Eingang in das Museum am Ende der westlichen Längsfassade. Auf der gleichen Gebäudeseite am östlichen Ende befindet sich der Zugang in die Hochschule.
Die Arbeitsbereiche der Hochschule sind im monolithischen Betonsockel untergebracht. Hier liegen die Werkstätten, Technikräumen und Studios, in denen schallgeschützt und störungsfrei gearbeitet werden kann. Um dennoch Licht ins Gebäude zu holen, wurde die Betonwand im Bereich des Eingangs mit dahinterliegendem Foyer großflächig aufgebrochen. Frei zugänglich dient die Halle nicht nur als Verteiler, sondern auch als Ort für Veranstaltungen aller Art. Zahlreiche Brücken und Rampen mit sich überlagernden Geländern rauschen hier aneinander vorbei. Im darüberliegenden dreigeschossigen Glasaufbau befinden sich weitere 9.000 m² für die rund 350 Studierenden.
Die Ägyptische Sammlung nimmt unterirdisch 3.700 m² in Anspruch. Über eine breite, flach geneigte Treppe gelangen die Besucher zum 4,30 m unter Geländeniveau liegenden Eingang. Er ist als schmale Öffnung in der großen Wandscheibe aus Beton ausgebildet. Assoziationen an eine Grabkammer sind durchaus gewollt. Bis zu 9 m tief liegen die altägyptischen Schätze in teils kleinen Kammern, teils großen Skulpturensälen unter der Erde. Belichtet werden die Ausstellungsräume über einen Lichthof, der gegenüber des Eingangs in den Baukörper eingeschnitten wurde und auch für Ausstellungszwecke genutzt werden kann.
Die Massivität des Sockelgeschosses im Hochschulbereich drückt sich neben Höhe und Länge auch in den Wandstärken aus, die zwischen 45 und 70 cm betragen. Architekten und Tragwerksplaner strebten in enger Zusammenarbeit mit den ausführenden Rohbaufirmen und dem Betonwerk Burglengenfeld eine fugenlose Konstruktion mit innen liegender Dämmung an. Die Architekten hatten dabei eine Betonfassade im Sinn, die archaisch und modern zugleich sein sollte. Man einigte sich auf fugenlose Wände, die in vielen Schichten frisch in frisch ineinander betoniert werden. Täglich wurde nach Angaben der Planer eine Schicht von einem Meter in die Schalung eingebracht, sodass der Beton in seiner Erscheinung jeweils nach Produktion variierte und eine zufällige Schattierung auf der Wandfläche erzeugt. Aufgrund einer entsprechenden Schalungs- und Bewehrungsplanung konnten so die teilweise geschossübergreifenden Sichtbetonwände hergestellt werden. In der Nachbearbeitung wurden 90% der Außenwände gestockt, um eine felsartige Oberfläche zu erzielen. Das Eingangsportal zum Ägyptischen Museum und der Eingang ins Foyer wurde nachträglich durch Flammstrahlen bearbeitet und anschließend imprägniert.
Der konventionelle Transportbeton C30/37 wurde mit einem Zement CEM II / A-LL32,5 R Portland Kalksteinzement; 370 kg/m³ und einem gebrochenen Quarzporphyr in der Größe 8/16 neben Sand und Kies als Gesteinskörnung versehen. Dieser trägt neben den roten und ockerfarbenen Pigmenten zur Farbgebung bei.
Das Gebäudeensemble gründet auf einer 1 m starken Bodenplatte ca. 9,00 m unter Geländeniveau. Während im Bereich des Riegels die Auflast größer ist als der Auftrieb, musste der nördliche Ausstellungsbereich aufgrund der höheren Auftriebskräfte durch ein Raster von 50 Zugpfählen im Erdreich rückverankert werden. Im Sockelbereich der Hochschule tragen 70/70 cm starke Säulenpfeiler in Verbundbauweise die Lasten aus den oberen Geschossen ab. Damit konnte eine hohe Flexibilität in der Höhe erreicht werden, was den Kinosälen und Werkstätten zugutekommt.
Die großen Räume im Sockel werden von dreigeschossigen Verbundfachwerken entlang der Flurwände mit Spannweiten bis zu 30 m stützenfrei überbrückt. Zum Teil sind die Träger sichtbar geblieben. Bei der Glasfassade handelt es sich um eine zweischalige Konstruktion mit einem Achsraster von 1,25 m. Die innere Ebene besteht aus thermisch getrennten Aluminium-Fensterelementen, die auf der Südseite zwischen Massivbrüstungen eingestellt wurden. Auf den anderen drei Gebäudeseiten ist die Verglasung raumhoch ausgebildet.
Der unterirdische Museumsbereich wurde aus massiven tragenden Sichtbetonwänden als weiße Wanne errichtet. Die bis zu 6,40 m hohen Wände werden von einer Hohlkammerdecke überspannt, in der die technischen Installationen für Licht und Medientechnik verlaufen. Die im Erdreich liegenden Außenwände sind zusätzlich mit einer dreilagigen Abdichtung versehen, davor liegt eine 8 bis 10 cm starke Wärmedämmung. Die Wände in den Skulpturensälen wurden konventionell geschalt und gegossen. Um eine sehr glatte Oberfläche zu erzielen, wurde eine Systemschalung verwendet, die mehrmals zum Einsatz kam. Die Stützen an den Lichthöfen sind im Querschnitt dreieckig. Sie setzen sich aus einem „kalten“ und einem „warmen“ Bereich zusammen. Der äußere, kalte Bereich ist nicht tragend und punktuell durch Laschen mit dem inneren tragenden Stützenteil verbunden.
Bildnachweis: HeidelbergCement AG, Steffen Fuchs
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