Moser und Hager Architekten
Gemeinde Kematen an der Krems, Verein Aufbahrungshalle Neu, Gemeinde Piberbach, Gemeinde Neuhofen
Gerhard Brandl (Kunst am Bau); Eugen Traussner Bau (Baufirma); Conconar (Statik); Riegler Metallbau (Fenster); Josef Haider Möbelwerkstätte (Tischler Eingangsportale); Botzheim Design (Tischler Möbel); DBS Industrieböden (Betonboden schneiden und schleifen); HCH Metalltechnik (Schlosser Eisentor, liturgische Gegenstände); MBK Rinnerberger (Schlosser Stahlstützen); Gartenservice Halbartschlager (Dachbegrünung, Bepflanzung); Firma Hasenöhrl (Lieferantin Beton)
2021
Kematen an der Krems, Bergfeldstraße
Das weit auskragende Schmetterlingsdach scheint zu schweben. Lediglich dünne Stützen sind zu sehen, die Holzwand mit den Portalen ist weit eingerückt. Ein Glasband trennt sie vom Beton und setzt die beeindruckenden Betonplatten des Daches zusätzlich ab. Das ist die neue Aufbahrungshalle am Friedhof Kematen an der Krems. Der Bestand war in die Jahre gekommen und wurde kaum noch als würdiger Verabschiedungsort angesehen. Daher setzte sich der gemeindeübergreifende Verein Aufbahrungshalle Neu für einen Ersatz ein, der mit Moser und Hager Architekten in einem partizipativen Prozess realisiert und 2021 eingeweiht wurde.
Der Friedhof befindet sich am Rand einer großen Türenfabrik und eines Einfamilienhausgebiets. Nicht weit entfernt sind das Schloss Weyer, eine stark befahrene Zubringerstraße und weitere Gewerbehallen. Direkt an der ins Wohngebiet führenden Straße befinden sich die Friedhofsmauern, über die das Dach der neuen Aufbahrungshalle hinausragt. Sie liegt entlang einer Achse zwischen der Kirche im Ortskern und dem Gräberfeld, das sich wie ein langer Teppich Richtung Norden erstreckt. Traditionell ist die Aufbahrungshalle ein Ort der Totenwache und des ungestörten Gedenkens, sprich ein Verabschiedungsraum. Der Grundrissentwurf orientiert sich sodann am Trauerzug, dem ehrenvollen Weg zur Grabstelle.
Die Mauern aus Konglomeratsteinen definieren zum Teil offene, zum Teil geschlossene Räume. Der Zugang liegt dort, wo die straßenseitige Mauer verspringt. Hier, unter dem frei auskragenden Teil des Betondachs, beginnt ein Kiesweg, der in die Mittelachse des Gräberfelds übergeht. Links des überdeckten Vorplatzes, unter freiem Himmel, befinden sich ein von Gerhard Brandl gestaltetes, langgestrecktes Wasserbecken und ein kompakter Lagerraum. Rechts, unter dem Dach, steht eine von den Mauern abgerückte Holzwand, ähnlich einem großen Möbel. Stehen ihre breiten Pivottüren offen, fällt der Blick in die von Glaswänden begrenzte Aufbahrungshalle. Für zwei parallel stattfindende Zeremonien kann sie durch einen Vorhang getrennt werden. Hinter der ebenfalls holzverkleideten Rückwand liegen Diensträume und ein WC.
Das dunkel lasierte Eichenholz, die grobkörnigen Einschlüsse der Mauern, die filigranen schwarz lackierte T-Stützen und Fensterprofile und die fast verschwindenden Glashäute scheinen einer Collage Mies van der Rohes entsprungen zu sein. Die expressiven Oberflächen sind durch die monolithische, geschliffene Bodenplatte und die Fugen und Lücken in Grundriss und Ansichten voneinander losgelöst und treten so in den Vordergrund. Konglomeratsteine sind ein in den Alpen verbreitetes Baumaterial, das auch im Kremstal schon lange abgebaut und eingesetzt wird. Die Wände der Aufbahrungshalle sollen eine Verbindung zur romanischen Kirche schaffen, deren Turm ebenfalls mit den auffälligen Steinen gemauert ist.
Lediglich sechs Stahlstützen und eine 25 cm starke und 3,00 bis 3,80 m hohe Stahlbetonwand, die zugleich die Rückwand der Aufbahrungshalle darstellt, tragen die Deckenplatten. Das extensiv begrünte Schmetterlingsdach misst insgesamt 18,80 x 12,80 m. Die beiden Teilflächen sind um neun Grad zur Mittelachse geneigt, welche dadurch raumseitig als spitze Kante erkennbar ist. An den Seiten ragen die Schwingen 1,30 m über die Stützen hinaus und verjüngen sich elegant von 18 auf 12 cm. Vorne, am Eingangsbereich, beträgt die Auskragung 3,50 m und hinten, bei der Stahlbetonwand, 4,50 m. Vier Überzüge, die jeweils in Achsrichtung der Stützen angeordnet sind, wirken statisch unterstützend. Einer von ihnen sitzt auf der Stahlbetonwand.
Die Textur der Betonoberflächen wurde mit einer sägerauhen Bretterschalung erzeugt. Für die 25 cm starke Decken- bzw. Kragplatte wurde ein Beton der Druckfestigkeitsklasse C30/37 und der Expositionsklasse XC2 gewählt. Für die Fundamente, die Fundamentplatte und die Wand hingegen kam ein Beton der Druckfestigkeitsklasse C25/30 zum Einsatz.
Bildnachweis: Gregor Graf (Fotos); Moser und Hager Architekten (Pläne, Bestands- und Baustellenfotos)
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