<b> </b>Werner Tscholl, Morter
Timmelsjoch Hochalpenstraße, Innsbruck; Gemeinde Moos in Passeier, Südtirol
Josef Pahl, Ötztal Bahnhof/A, Siegfried Pahl, Latsch/A (Tragwerksplanung); Maria Gufler, Lana/I, Manfred Tschapfer, Innsbruck/A (Projektmanagement); Gebrüder Scheiber, Längenfeld/A (eingefärbter Beton)
2011
Eingebettet in die Ötztaler und Stubaier Alpen liegt das Timmelsjoch auf einer Höhe von rund 2.500 m an der Grenze zwischen dem österreichischen Tirol und dem italienischen Südtirol. Damit ist es der höchste unvergletscherte Übergang zwischen dem Reschen- und dem Brennerpass. Ursprünglich ein kleiner Pfad, verläuft hier seit den 1960er Jahren eine Hochalpenstraße. Um dieser ein neues Erscheinungsbild zu geben, beauftragte die Landesregierung den Architekten Werner Tscholl und den Ingenieur Siegfried Pohl mit der Erarbeitung eines Masterplans. Ein wichtiger Bestandteil ihres Konzeptes war der Entwurf eines durchgängigen Systems von Gestaltungselementen, Timmelsjoch Erfahrung genannt, die den Reisenden über Natur, Geschichte, Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft der Region informieren.
Das Ergebnis sind fünf Stationen in Form von Architekturskulpturen aus Beton, die an strategisch gewählten Haltepunkten zwischen Moos und Hochgurgl errichtet wurden. Sie heißen Schmuggler, Fernrohr, Steg, Granat und werden ergänzt durch das Passmuseum. Alle stehen über die straßenbauliche Pionierleistung hinaus in Bezug zur Landschaft und zur Topografie des Ortes ohne eine zusätzliche Farbbelastung für die Natur darzustellen.
Der Schmuggler ist ein begehbarer Betonwürfel mit einer Aussparung in Form einer menschlichen Figur. Das Äußere spitzt sich im Inneren zu: Riesige Abbildungen und Geschichten an den Wänden erzählen vom jahrhundertelangen Schmuggel an diesem Ort. Das Fernrohr sind zwei, im 60°Grad-Winkel zueinander stehende, begehbare Skulpturen, die einen gerahmten Panoramablick in die Landschaft öffnen. Der Zugang erfolgt an der engsten Stelle, danach weiten sich die Baukörper zum Ende hin wie ein Fernrohr auf. Im Inneren können sich die Besucher über Geologie, Gesteine und die Tierwelt der Alpen informieren. Der Steg an der Mautstation kragt zehn Meter über den Talgrund bei Hochgurgl hinaus. Wer in den geschlossenen Bereich hineingeht, erhält Informationen über Naturdenkmäler, Gletscherlandschaft und zu Siedlungen im hochalpinen Raum. Auf einem Felshang über Moos bei Stuls liegt der den geologischen Gesteinsformationen nachempfundene Granat, bestehend aus geschlossenem Schauraum aus Beton und offener Aussichtsplattform aus rotem Stahl. Mit seiner Farbe fällt dieser nicht nur tagsüber ins Auge, sondern vor allem bei nächtlicher, ebenfalls roter Beleuchtung.
Zuletzt reiht sich das Passmuseum Timmelsjoch in die Reihe der besonderen Aussichtspunkte der Passstraße ein. Auf einer Höhe von 2.509 Metern dokumentiert es die Geschichte der Region. Die Form und die zurückhaltend rote Farbgebung lassen das Bauwerk mit der natürlichen Umgebung verschmelzen. In der Form eines Findlings wurde es an einem gewagten Platz errichtet. Das Fundament liegt an der Kante der Felsen, der Baukörper überkragt das Fundament und die Landesgrenze um 16 Meter. Der Innenraum ist in Anlehnung an eine Eishöhle gestaltet. Hier zeigen große historische Aufnahmen an den Wänden die Geschichte der Hochalpenstraße. Auch über die Namensgebung und die archäologischen Fundstücke kann man hier Einiges erfahren. Im Zentrum des Museums ist ein Modell des historischen Passes ausgestellt.
Mit Ausnahme der stählernen Aussichtsplattform des Granat sind alle Haltepunkte aus Ortbeton errichtet. Mit seiner Materialität, Formgebung und der jeweils auf die Landschaft abgestimmten Farbe fügt er sich perfekt in die Gebirgswelt ein, ohne störend zu wirken. Als Schalung dienten raue OSB-Platten, deren Struktur sich auf den Betonwänden abzeichnet und ihnen zusätzliche Tiefe verleiht.
Während für das Fernrohr und den Schauraum des Granat ein typisches Betongrau gewählt wurde, kam für das Passmuseum, den Schmuggler und den Steg ein rötlich eingefärbter Beton zum Einsatz. Für diesen wurden Farbpigmente aus Eisenoxid mit den Ausgangsstoffen vermischt. Als Ergebnis weisen die Oberflächen leichte Farbnuancen auf, die ihnen ein natürliches Aussehen verleihen und die charakteristische Textur des Betons hervorheben. Die Pigmente sind wetterfest und verfärben sich auch nach Jahren nicht.
Bildnachweis: Alexa Reiner und Rene Riller (Bild 2) für Timmelsjoch Hochalpenstraßen AG, Innsbruck
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