Braunger Woertz Architekten, Ulm; Architekten-Atelier Thoma, Henninger-Thoma BDA/DWB, Freiburg
NUWOG Wohnungsgesellschaft der Stadt Neu-Ulm GmbH
Architekturbüro Axmann, Burgau (Bauleitung); Ingenieurbüro Holzmann & Ostertag, Neu-Ulm (Statik); Ingenieurbüro ulma Energie consult, Ulm (HLS-Planung); Landschaftsplanung Hofmann & Dietz, Irsee (Freianlagen); Ingenieurbüro Gode GmbH, Ulm (Elektoplanung)
2006
Neu-Ulm, Wilhelmstraße 34-44
Stahlbetonfertigteilkonstruktion als fertige Oberfläche ohne Putzauftrag (materialreduzierter Ausbau möglich); Synergie Tiefgarage; Stadthäuser (Deckenplatte als Bausohle)
Die Materialwahl und Konstruktion in Beton stellt die „Plattform“ der körperhaften Konzeption. Ergänzt mit wenigen Grundmaterialien werden die Außen – und Innenräume spannungsvoll temperiert, lassen Möglichkeiten für jedes Wohnen zu.
Nur durch die Donau von der Großstadt Ulm getrennt entstand die 'junge Stadt' Neu-Ulm auf einem orthogonalen Raster in Blockrandstrukturen. Die Block-Innenbereiche sind teilweise stark verbaut und bilden mit ihrer Mischung aus Garagen, Lagerflächen und versiegelten Flächen unattraktive Gemengelagen, ja lebensraumfeindliche Strukturen. Daraus resultierend bietet die Innenstadt trotz einer attraktiven Infrastruktur mit kurzen Wegen (Arbeitsplatz, Kindergarten, Schulen, Geschäfte des täglichen Bedarfs) wenig Anreiz für das Wohnen aller Generationen wie zum Beispiel junger Familien und Senioren.
Um die städtebauliche Brachlandschaft des Baublockes 400 in der Stadt Neu-Ulm zu revitalisieren, hatte die NUWOG im Jahr 2001 einen Wettbewerb unter Architekten initiiert. Ziel des Wettbewerbs war, mit innovativen Entwürfen für Stadthäuser und attraktiven neu gestalteten Stadt-/Lebensräumen die Brache des Blockinnenraumes für neue städtische Lebensformen (junge Familien, Senioren, Alleinerziehende, etc.) zurückzugewinnen und die Landflucht zu stoppen.
Dem Wettbewerb nachgeschaltet hat die NUWOG die 1. Preisträger Braunger Wörtz Architekten und die 2. Preisträger Thoma Henninger-Thoma Architekten zu einem Workshop geladen und damit das Experiment gewagt, dass aus der Kombination der Entwürfe der beiden Architekturbüros ein unverwechselbarer Stadtraum mit der größtmöglichen räumlichen Erlebnisvielfalt gebaut werden konnte - als Gestaltungsmodell für funktionsfähige Nachbarschaften.
Ein entscheidender Baustein für die Gestaltung struktureller Nachbarschaften ist das Strukturkonzept der Stadthäuser selbst. Durch die leistungsfähigen, hierarchiefreien Grundrisse für Generationen übergreifende Wohnkonzepte werden nachbarschaftlich interaktive Verhaltensweisen gefördert. Die Stadthäuser bieten insbesondere im Erdgeschoss mit je einem Multifunktionsraum Platz für Familienfeste, Nachbaraktionen, Werkraum, Autoabstellplatz und vieles mehr. Auch die Größe der Häuser und Wohnungen stufen sich nach den Bedürfnissen der verschiedenen Nutzer und Ihren Lebensformen ab – von der kleinen barrierefreien Zwei-Zimmerwohnung für Alleinerziehende oder Senioren bis zum großen Stadthaus für die 5-köpfige junge Familie mit Arbeitszimmer können alle Anforderungen erfüllt werden.
Die autofreie Spielstraße, welche zwischen den Stadthäusern des Blockinnenraums und der Blockrandbebauung des Bestandes liegt ist Achse der nachbarschaftlichen Kommunikation. Sie erlaubt eine fußläufige Durchquerung des Blockinnenraumes und eine schlüssige Rangfolge in der Hierarchie der Möglichkeiten nachbarschaftlicher Kommunikation: Nämlich öffentlich, halböffentlich-gemeinschaftlich, private Räume und Bereiche mit reduzierter Einsichtmöglichkeit wie Dachterrassen und Innenhöfe als temporäre Rückzugsmöglichkeit.
Für die Gestaltung größerer Ereignisse, wie Quartiersfeste, gemeinsame Veranstaltungen, Spiele usw. ist die neue Spielstraße der geeignete Ort.
Durch eine Verknüpfung des Tragsystem der Stadthäuser und Tiefgarage entstand eine äußerst ökonomische Konstruktion. Die zweischaligen Haustrennwände der Stadthäuser bilden als Hohlwände und somit statische Überzüge die Tragstruktur der Ortbeton-Tiefgarage im Fahrgassenbereich, ersparen so Bauhöhe und konstruktiver Aufwand.
Die Stadthäuser selbst wurden realisiert in oberflächenfertigen Stahlbetonfertigteilen bzw. Hohlwänden. Durch Einspannung der Stahlbetonverbund-Decken (unterseitig oberflächenfertig) im Bereich der Haustrennwände werden die Häuser jeweils frei von zusätzlichen Stützen und Tragelementen überspannt. Maximale Grundrissflexibilität auf der gesamten Hausgrundfläche entsteht. Die weiteren Geschosse wurden so schnell und präzise aufeinander gestapelt. Der räumlich engen Baustelle und Minimierung der
Nachbarbeeinträchtigung durch Beschleunigung der Bauzeit konnte so Rechnung getragen werden.
Die vorgelagerten Garagen sollten als homogener Körper mit eigener Textur erscheinen.
Es wurden hierzu Experimente durchgeführt mit örtlich gegossenem Beton, speziell hinsichtlich der Farbgebung und Textur. Das optimale Produkt war eine anthrazit eingefärbte Betonmischung, gegossen mit einer gebürsteten Brettschalung und den Brettbreiten 5, 10, 15 cm (versetzte Stöße).
Der Wohnungsbestand erhielt als Nahtstelle zur Neubebauung eine Laubengangerschließung. Die Wohnungen erhielten so mehr Zimmer mit Südausrichtung. Die Konstruktion des Laubenganges musste gestalterisch ausgedünnt werden, um die Nahtstelle Neu-Alt luftig und hell zu erhalten. Es entstand eine Ortbetonkonstruktion mit versetzt angeordneten Betonscheiben und Betonbelag mit gestrahlter Oberflächentextur. Ein Ortbetonaufzug dient der konstruktiven Aussteifung des feingliedrigen Gebildes.
Bildnachweis: Stefan Meyer, Berlin
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