Alder Clavuot Nunzi Architekten, Soglio / Rüschlikon, Schweiz
Elektrizitätswerke der Stadt Zürich (ewz)
Bauingenieur: Edy Toscano AG, Pontresina, Schweiz
Bauphysik: Martin Kant, Chur, Schweiz
Seilbahntechnik: Garaventa AG, Rotkreuz, Schweiz
2016
Bregaglia, Kanton Graubünden, Schweiz
Metallmützen auf Betonsockeln
Spiel aus Filigranität und Massivität
Constructive Alps 2O17 / Nominierung
Die Besten 2O16 / Nominierung Kategorie Architektur
Pranzaira liegt im Schweizer Kanton Graubünden und besteht aus einer kleinen Häuseransammlung, die zur Gemeinde Bregaglia gehört. In dem Weiler startet eine Seilbahn, deren Gondeln über 900 Höhenmeter empor schaukeln. Ursprünglich diente sie als Baustelleneinrichtung für eine 1959 fertiggestellte, imposante, 115 Meter hohe und 759 lange Staumauer, die den Albigna-Stausee abschirmt. Die Elektrizitätswerke der Stadt Zürich (ewz) gewinnen hier jährlich die Wasserkraft für 117.000 Haushalte. Seilbahn und Landschaft locken im Sommer aber längst auch rund 14.000 Touristen an.
Nach immerhin 55 Jahren erfüllte die Anlage die Sicherheitsbestimmungen nicht mehr. Die ewz beschloss ihren Abbruch sowie Neubau – es sollten im Tal wie auf dem Berg zeitgemäße und anspruchsvolle Stationsgebäude entstehen. Alder Clavuot Nunzi Architekten konnten sich mit ihrem Entwurf gegen drei andere Büros durchsetzen, denn, so die Bauherren, ihre Vorschläge fügten sich hervorragend in die Landschaft ein.
Was nicht bedeutet, dass sie sich unterordnen oder gar verstecken. Im Gegenteil: die Architekten wollten mit den beiden Häusern auf den monumentalen Auftritt der Staumauer reagieren. Sie formulierten „präzise architektonische Gesten“ mit industriellem Charme, die zugleich einfach als auch eigenständig wirken. Die Planer entschieden sich für Hybride aus mit Blech verkleideten Stahlskelettkonstruktionen auf Betonsockeln und die Kombination von Betontreppen und Gitterrosten für die Erschließung. Sie verbinden damit das Schwere der Berge mit dem Luftigen der Gondelreise dorthin. Darin finden beide Stationen eine gemeinsame Sprache, dennoch treten sie je nach Standort unterschiedlich auf. Im Tal steht der Neubau auf den Fundamenten seines Vorgängers von Bruno Giacometti. Eine weitere dezente Reminiszenz daran ist die Beibehaltung der Traufhöhe. Knicke in der Kubatur signalisieren den seitlichen Zugang: Die Metallmütze hebt sich hier an und legt die trichterförmig-einladende Treppe aus gestocktem Beton entlang des gefalteten Maschinenraums frei. Die Bergstation hingegen ist geometrisch einfacher und öffnet sich maulartig zum Tal.
Beide Gebäude wirken durch ihre massiven Füße aus gestocktem Beton fest im Boden verwurzelt. Und tatsächlich verschafft der im Gegensatz zur Talstation doppelt so schwere größere Betonanteil der Bergstation diesem Bau einen „Rucksack an Gewicht“, erklärt Matthias Alder, sodass auf zusätzliche Verankerungen verzichtet werden konnte. Außerdem haben klimatische Gründe hier oben für ein anderes Verhältnis zwischen Leicht- und Massivbau gesorgt als im Tal: Im Winter fällt sehr viel Schnee; den Stahlbetonrücken des Gebäudes haben die Architekten also möglichst robust – „nachhaltig im Sinne von beständig“ – gestaltet und bis unter die Dachkante gezogen. Das Bauen in rund 2100 Metern über dem Meer am Fuß einer Staumauer gestaltete sich als logistisch aufwändig und damit doppelt so teuer wie im Tal; also spielte als weiterer Faktor die Wirtschaftlichkeit eine wichtige Rolle. Auch deshalb haben Alder Clavuot Nunzi das Volumen der Bergstation möglichst kompakt und materialsparend geplant. Und dabei die Verformbarkeit des Betons auch noch für eine andere Botschaft genutzt: Zwei keilförmige Widerlager weisen zur Staumauer und zeichnen den Winkel der Seile und die statische Herausforderung nach.
Bildnachweis: Alder Clavuot Nunzi Architekten
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