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Besucherinformationszentrum Grube Messel

Landau + Kindelbacher, München

Architektur

Landau + Kindelbacher, München

Bauherr

Land Hessen, vertreten durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Wiesbaden

Projektbeteiligte

Keller Damm, München (Landschaftsarchitekten); H2S Architekten, Darmstadt (Bauleitung Hochbau); Olschewski, Ludwigshafen am Rhein (Bauleitung Landschaftsarchitektur); Sailer Stepan und Partner, (Statik); Zickler und Jacob, München (HLS + ELT); Ingenieurbüro Schiessl, Gehlen, Sodeikat, München (Sichtbetonberatung); Dechant, Weismain (Rohbau); Hähnlein, Frankfurt am Main (Bodenbelag); Stahlbau Worms, Worms (Stahlbau)

Jahr

2010

Ort

Messel, Roßdörfer Straße 108

Beschreibung

Nur dem jahrzehntelangen Kampf einer Bürgerinitiative ist es zu verdanken, dass hervorragend erhaltene Fossilien von Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Pflanzen aus dem Zeitalter des Eozän heute noch erhalten sind. Denn die Fundstätte, ein stillgelegter Tagebau nordöstlich von Darmstadt, sollte eine der größten Müllkippen Europas werden. Engagierte Bürger und Wissenschaftler konnten dies verhindern. Sie stellten einen Antrag bei der Unesco, die die Grube Messel im Jahr 1995 in die Weltnaturerbeliste aufnahm.

Um die Funde auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, entstand am Rande der Grube ein Besucher- und Informationszentrum nach Plänen der Münchner Architekten Landau und Kindelbacher in Kooperation mit den Landschaftsarchitekten Keller und Damm, ebenfalls aus München. Das Züricher Büro Holzer Kobler Architekten übernahm die Ausstellungsgestaltung. Im Gebäude können sich die Besucher über die Geheimnisse der Welt vor 47 Millionen Jahren informieren. Grubenspaziergänge und virtuelle Fahrten in eine Tiefe von 433 Meter sind neben der Ausstellung der Fundstücke sowie einer kaleidoskopischen Zeitreise die Höhepunkte des Besucherzentrums.

Exakt auf die Ausstellung mit ihren spezifischen Anforderungen zugeschnitten, haben die Architekten ein Gebäude mit Aussichtsplattform geschaffen, das die wechselvolle Geschichte des Ortes sichtbar machen soll. Monolithische Wandscheiben aus grauem Sichtbeton gliedern den Bau: Wie die Schichtungen des hier ehemals abgebauten Ölschiefers geben ihre Knicke, unterschiedlichen Höhen und Helligkeiten die Grundstimmung vor, erzeugen Enge und Weite, Höhe und Tiefe. Die äußere Gebäudeform bildet sich im Gebäudeinneren ab, wo die Besucher auf einer Fläche von 870 m² sinnbildlich die Erdschichten durchwandern können. Eine Aussichtsplattform auf der Dachebene ermöglicht einen Panoramablick auf die Umgebung.

Beton

Das Bauwerk besteht aus einem Teilkeller, einem Erdgeschoss mit unterschiedlichen Geschosshöhen sowie einem Obergeschoss im westlichen Teil. Es ist in Stahlbeton-Massivbauweise errichtet. Zur Anwendung kamen Betone der Mindestdruckfestigkeitsklasse C25/30 bis C45/55, die Betonstahlgüte ist BSt 500 S(B) bzw. BSt 500 S(A). Sämtliche Sichtbetonflächen entsprechen den Anforderungen der Sichtbetonklasse SB 2.

Im Obergeschoss der Westfassade liegt die Dachdecke auf Stahlstützen (S235 JRG2) auf. Die Wandstärken betragen jeweils 25 cm, die Außenwände sind zweischalig mit dazwischen angeordneter Kerndämmung in einer Stärke von 12 cm ausgeführt. Die 25 cm starken Ortbetondecken spannen in der Regel einachsig und sind biegesteif mit den Innenwänden bzw. der inneren Tragschale der Außenwand verbunden. In allen Bereichen, in denen Stahlbetonwände oder -decken vom Innenraum in den Außenbereich laufen, sind thermische Trennungen vorgesehen. Als Teil der Außenwände sind die Attiken in Ortbeton mit Sichtqualität (horizontale Bretterschalung) sowie einem Gefälle von 5% zur Dachfläche ausgebildet. Die trogförmige Aussichtsrampe an der Nordseite des Gebäudes ist frei auskragend. Da sie nur einseitig gestützt wird, unterliegt sie hoher Torsionsbeanspruchung. Die auftretenden Kräfte werden über die östliche Rampenwand abgeleitet.

Die Ausbildung des Kellers erfolgte als weiße Wanne; seine Stahlbetonaußenwände sind 30 cm dick. Aufgrund der schlechten Versickerung von Kluft- und Sickerwasser ist das Gebäude im unterkellerten Bereich als Flachgründung auf einer 30 cm dicken Bodenplatte (C30/37) mit hohem Wassereindringwiderstand ausgeführt. Ihre Rissbreite wurde mit entsprechender Zwangsbewehrung auf wk = 0,20 mm begrenzt. Auf der oberen Seite ist der Boden als flügelgeglätteter Beton hergestellt, darunter befindet sich eine Schicht aus 5 cm Magerbeton. Der Anschluss an die Tragwände erfolgte je nach statischer Erfordernis biegesteif oder ohne Verbindung durch eine Pressfuge. Die Außenschale der Sichtbeton-Umfassungswände ist mindestens in den Wandknicken abgefugt ausgeführt. Im nicht unterkellerten Bereich gründet das Gebäude auf 40 cm hohen Streifenfundamenten (C20/25).

Der Aussichtssteg gründet auf einem rund 1,00 m hohen Streifenfundament unter der östlichen Rampenwand. Um unverträglich große Setzungen zu vermeiden, werden die Lasten aus dem Streifenfundament durch einen Magerbetonkörper bis auf den tragfähigen Fels tiefer geführt. Die Bodenplatte im nicht unterkellerten Bereich des Erdgeschosses ist 15 cm dick. Sie verfügt über einen hohen Wassereindringwiderstand gegen aufsteigende Erdfeuchte, ihre Oberfläche ist flügelgeglättet ausgeführt. Alle Gründungsbauteile entsprechen gemäß DIN 1045-1 der Expositionsklasse XC2.

Alle Böden über Erdreich wurden mit einer transparenten Epoxydharzbeschichtung als Nutzschicht versehen. Im Kino/Veranstaltungsraum kam ein schwimmender Estrich zum Einsatz, der nach bauakustischer Erfordernis ausgeführt und mit einem staubbindenden Anstrich beschichtet wurde.

Betonierabschnitte
Allein für die Wände waren 87 Betonierabschnitte notwendig, wobei sich diese meist durch die Knicke in den Wänden, bzw. die Unterteilung in Innen- und Außenwand ergeben haben. Einzelne Elemente wie der Aufzugskern oder die Freitreppe im Foyer wurden gesondert betoniert. Die Decken wurden in der Regel zwischen den Wandscheiben in einem Stück betoniert, ebenso die Querbalken, die als Attiken zwischen den Wandscheiben die Deckenabschlüsse nach Norden und Süden hin bilden.

Betonrezepturen
Die Bodenplatte besteht aus Beton C 25/30 XC4 XF1 XA1 F4, 16er Größtkorn, Festigkeitsentwicklung schnell, Zementgehalt 320kg/m³ und entspricht eigentlich einem C30/37. Die Wände sind aus C 30/37 XC4 XF1 XA 1 F3-L-CEMIII/A 42,5 N, 16er Größtkorn, ohne Zugabe von Flugasche und mit einem Zementgehalt von 340kg/m³ (C30/37) hergestellt. Um eine helle, möglichst gleichmäßige Farbwirkung zu erzielen, mussten die Wände möglichst schnell ausgeschalt werden. Die Bodenplatte wurde im  November 2008 und Februar 2009 mit dazwischen witterungsbedingter Pause hergestellt, die Wände von Februar 2009 bis September 2009, d.h. es herrschten immer Temperaturen über +5°C. Lediglich die Stützwand im Außenbereich mussten mit Bauschutzmatten gegen zu niedrige Temperaturen geschützt werden. Trotz der zeitlich versetzten Betoniergänge wurde die Betonrezeptur beibehalten. Das Ergebnis der Oberfläche ist im ganzen Haus homogen.

Schalung
Die Wände sind als Stahlbetonwände in Ortbeton mit Sichtbetonqualität ausgeführt. Als Schalung kam eine Trägerschalung zum Einsatz. Verwendet wurde eine vertikale Nut- und Federbrettschalung aus gehobelten Brettern. Diese wurde mit einem unregelmäßigen „wilden“ Versatz der Brettstöße gleichmäßig auf die Sichtflächen genagelt. Die Ausbildung der Arbeitsfugen erfolgte stumpf gestoßen, an den Dehnfugen mit kleinen Kunststoff-Dreikantleisten. Zur Abdichtung der Schalungsstöße verwendete man  geschlossenzelliges Abdichtungsband, an den Attiken und waagerechten Fugen zusätzlich Fugendichtbänder. Alle Spannstellen sind flächig ausgespachtelt worden (Farbton analog Beton). Als Teil der Außenwände sind die Attiken mit analoger Schalhaut ausgeführt und haben wie sie einen hydrophobierenden Anstrich erhalten. Die obere waagerechte Fläche der Attiken wurde mit einer Tiefenhydrophobierung versehen.

Quelle

Baunetz Wissen Beton

Bildnachweis: Jan Bitter, Berlin für Landau + Kindelbacher, München

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