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Beton nach römischem Vorbild

Florian Nagler Architekten, München Projektleiter: Tilmann Jarmer

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Leichtbeton

Architektur

Florian Nagler Architekten, München
Projektleiter: Tilmann Jarmer

Bauherr

B&O Gruppe, Bad Aibling

Projektbeteiligte

Fachplaner
Begleitung: Forschungszentrum Einfach Bauen, TU München, München
Tragwerksplanung: merz kley partner ZT, Dornbirn, Österreich
Haustechnik: Transsolar KlimaEngineering, München
Bauphysik: Ingenieurbüro für Bauphysik Horstmann + Berger, Altensteig
Brandschutz: PHI-Plan, Grabenstätt/Winkl

Jahr

2020

Ort

Bad Aibling

Konstruktionsmerkmale

Unbewehrter Massivbau

Besonderheiten

Vergleichende Forschung zu Beton, Mauerwerk und Holz

Beschreibung

Bad Aibling, rund eine Stunde südlich von München gelegen, war bisher bekannt für seine idyllische Lage und das älteste bayerische Moorbad, dem sich seit 2007 ein architektonisch ambitioniertes Thermalbad hinzugesellt hat. Seit einigen Jahren tut sich auf einem ehemaligem Kasernengelände Wegweisendes: Anhand von drei Forschungshäusern wird hier „Einfaches Bauen“ untersucht; die drei Wohnhäuser sind seit 2020 fertiggestellt und inzwischen bezogen.

Dieses wichtige Projekt – Gebäudebau und -unterhalt verursachen knapp 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen – ist ein Zusammenschluss aus Theorie und Praxis: Das Bauen übernehmen Florian Nagler Architekten, die vorausgehende und begleitende Forschung findet an der TU München statt, wo der Architekt eine Professur hat. Viel zu selten werden im Bauen Planung und Realisierung so stark auf verantwortungsvolles, sprich nachhaltiges Bauen ausgerichtet und so eng miteinander verzahnt. Im Kern geht es darum, dem hochtechnisierten, komplizierten, anfälligen und pflegeintensiven, ressourcenfressenden und kurzlebigen Bauen entgegenzuwirken. Florian Nagler und sein Team sind keine Technikverweigerer, aber: „Wir sollten viel mehr darauf vertrauen, dass die Architektur und das Bauen auch selbst etwas können“, fasst Nagler es zusammen.

Das äußert sich in drei Häusern, die auf den ersten Blick wie Drillinge in Reih´ und Glied nebeneiander stehen. Sie sind alle kompakt, haben flache, leicht überstehende Satteldächer, tiefe Fensterlaibungen, keine Balkone - Letzteres wird durch das parkartige Grundstück kompensiert. Der zweite Blick offenbart kleine, aber bedeutende Unterschiede: Da gibt es Fenster mit Rund- sowie Segmentbögen und rechteckige Formate. Da gibt es die unterschiedliche Haptik und Struktur der Fassaden. Alles Indizien für die unterschiedlichen Bauweisen, denn es handelt sich um ein Holzhaus, einen Mauerwerksbau und einen aus Beton. Im Inneren überraschen die Raumhöhen, die mit knapp über drei Metern unüblich für Neubauten sind. Das Forschungsteam hat in unendlich vielen Simulationen die für das Raumklima und die Energiebilanz günstigsten Zuschnitte ermittelt.

Die wichtigsten Mitspieler sind die Bewohner. Sie werden aber nicht als Probanden in einer artifiziellen Laborsituation betrachtet, hier soll im Gegenteil der Alltag so normal wie möglich verlaufen und eingefangen werden: In jedem Haus dient eine Einzimmerwohnung als Messstation; es werden die Daten zum Heiz- und Lüftverhalten, der Energieverbrauch, die Raumtemperatur, die Luftfeuchtigkeit und ihr Sauerstoffgehalt ermittelt. Die Ergebnisse fließen in die Forschung zurück, deren Auswertung allen Interssierten zugänglich ist (www.einfach-bauen.net).

Beton

Unabhängig vom Material gilt: Es wird so sortenrein wie möglich und in wenigen Schichten eingesetzt, um späteren Sondermüll wie Klebstoffe zu vermeiden und wiederverwertbar zu bleiben. An baldiges Recyeln ist jedoch nicht gedacht: „Wir wollen so bauen, dass die Häuser schön sind und gemocht werden und dadurch erhalten bleiben, dann sind sie auch nachhaltig“, sagt Florian Nagler und meint damit mindestens 100 Jahre.

Für das Betonhaus bedeutet das Forschungsprojekt eine Premiere. Dämmbeton, durch Lufteinschlüsse leichter und energetisch wirkungsvoller, wurde dreigeschossig ohne Bewehrung noch nicht verbaut. Es handelt isch also um einen echten Prototypen, zumal der Baustoff (Stand Mai 2022) noch nicht flächendeckend verfügbar ist. Auf Stahl wurde hier vollständig verzichtet. Das erklärt auch die am altrömischen Vorbild orientierten Rundbogenfenster; ein gerader Sturz würde ohne Bewehrung einknicken. Bei allen drei Bauweisen ging es darum, mit massiven Wänden möglichst viel Speichermasse herzustellen. Die Wände des Dämmbetonhauses sind eindrucksvolle 50 Zentimeter dick und erfüllen so mit etwas zusätzlicher Dämmung der Bodenplatte und des Dachs die Energieeinsparverordnung. Da bei Beton mehr Baufeuchte auftritt, wird der Trockungsprozess des Hauses hier gesondert gemessen.

Ende 2023 rechnen die Forschenden mit einem Abschlussbericht.

Quelle

Text: Christina Gräwe

Bildnachweis: PK Odessa Schels, Lanz, München / B&O Gruppe, Max Kratzer, München / Pläne: Florian Nagler Architekten

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