marte.marte architekten, Feldkirch, Österreich
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben BIMA, Bonn, Berlin
Projektleitung: Bundesamt für Bauordnung und Raumwesen BBR, Berlin
Ausstellungsgestaltung: Atelier Brückner, Stuttgart
Fassaden: KuB Fassadentechnik, Schwarzach, Österreich
Tragwerk: Ruffert und Partner, Berlin
Bauphysik: Zernikau & Altmeyer, Berlin
Brandschutz: Lenzenarchitekten, Berlin
Haustechnik, Elektroplanung: ZWP, Berlin
Freiraumarchitektur: ANNABAU Architektur und Landschaft, Berlin
Kunst am Bau: Via Lewandowsky
Fertigstellung: 2019, Eröffnung: Juni 2021
Berlin
tischartiges Tragwerk
1000 Quadratmeter Sichtbetondecke in einem Guss
Das sogenannte Deutschlandhaus mitten in Berlin-Kreuzberg weist eine eindrucksvolle Geschichte auf. Sie spiegelte sich bereits vorausahnend 1935 im Auftritt des gerade von Richard Bielenberg und Josef Moser fertiggestellten Baus: Der Komplex ganz im Stil der Neuen Sachlichkeit platzierte sich prominent gegenüber des Anhalter Bahnhofs direkt an der Kreuzung, farbenfrohe Leuchtwerbung verriet die unterschiedlichen Einrichtungen des Vergnügungstempels mit Kino, Gastronomie, Tanz und Varieté. Nach Kriegsschäden und Wiederaufbau erhielt das Haus 1961 als Begegnungsort für Vertriebene eine ernstere Aufgabe. Diesem Thema ist es als heutiger Sitz der Stiftung Flucht, Vertreibung und Versöhnung mit Dokumentationszentrum und Museum treu geblieben.
2011 gewannen marte.marte architekten einen der beiden ersten Plätze im nichtoffenen Wettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerberverfahren. Ihr Vorschlag, die denkmalgeschützten Straßenfassaden zu erhalten und zu sanieren, in der Tiefe des Grundstücks aber den Abriss des Bestands und einen Neubau vorzusehen, erwies sich wegen des Raumprogramms und der schlechten Substanz als der geeignetere. Und so zogen in den historischen, kleinteiligeren Bestand die Verwaltung, der Dokumentationsbereich und vermietbare Büroflächen ein. Der fast würfelförmige Neubau ist über eine schmale, durch Oberlichter erhellte Fuge an den Altbau angeschlossen und bietet in erster Linie großzügige Ausstellungsflächen. Im Erdgeschoss liegen ein Veranstaltungssaal und der „Raum der Stille“ (Königs Architekten); zu beidem gelangt man über den Eingangsbereich im Altbauflügel an der Stresemannstraße.
„In hohen Räumen aus Beton werden die Objekte mit großer Zurückhaltung präsentiert“, berichtet Deutschlandfunk Kultur (Jürgen König) am 16. Juni 2021 kurz vor der Eröffnung des Gebäudes. Bevor aber die großen Ausstellungshallen beeindrucken, sind es zunächst zwei inszenierte Treppen. Die Architekten sind bekannt für ihre Vorliebe für reduzierte Formen; der Baustoff Beton wählen sie gerne. Vom Foyer im Erdgeschoss führt eine breite Stufenlandschaft in das 1. Obergeschoss. Dort fällt zuerst wie ein übergroßes Exponat eine gewendelte Treppe ins Auge, die ins 2. Obergeschoss führt. Beide Treppenläufe sind in Sichtbeton ausgeführt und puristisch und skulptural zugleich. Den zweigeschossigen Hauptraum im 1. Stock überspannt eine Sichtbetondecke, die wie eine Tischplatte auf den insgesamt drei Treppenhäusern und dem Aufzugsschacht liegt. Eine der größten Herausforderungen, sagt Stefan Marte, sei gewesen, diese knapp 1000 Quadratmeter umfassende Fläche in einem Guss zu betonieren. „Es ist die Untersicht eines in Beton gegossenen Ausstellungsraumes mit mehr als 30 Metern Seitenlänge, der scheinbar mühelos über den unteren Ausstellungsflächen zu schweben scheint.“ Dort, wo Neu- und Altbau aufeinandertreffen, wird der ohnehin schon raumprägende Betoncharakter noch dadurch unterstrichen, dass die sanierte Bestandsfassade strahlend weiß gestrichen ist.
Bildnachweis: Roland Horn, Berlin / Pläne Marte Marte
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