Hippmann Architekten BDA, Stuttgart
Firma ViDeli, Inhaber Sabine Harms und Oliver Schmid
Innenarchitektur: Hippmann Architekten BDA und Projekttriangle Design Studio. Stuttgart; Signaletik: Projekttriangle Design Studio. Stuttgart; Tragwerksplanung: DSH Ingenieure, Diepolder Seger Himmel, Kempten; HLS-Planung: Bauphysik: ebök Planung und Entwicklung GmbH, Tübingen;
Akustik: Bauphysik Killinger, Stuttgart; Außenanlagen: Hippmann Architekten BDA
2018
Stuttgart
Offline-Präsenz einer Online-Weinhandlung
Beton-Fertigteilen in Sandwichbauweise
DAM-Preis 2020 - Shortlist
best architects 20
Beispielhaftes Bauen 2015 - 2019 - Stuttgart
Heinze Award 2019 - Shortlist
In der Peripherie des Stuttgarter Ostens gelang den Stuttgarter Architekten um Marco Hippmann für die neue Eventlocation „Club Traube“ der Online-Weinhandlung „ViDeli“ eine reduzierte und wirtschaftliche Lösung mit Betonfertigteilen, die eine akzentuierte Landmarke setzt.
Umgeben von verschieden gestalteten Gewerbebauten, Autohäusern, Kraftwerken und Stadtbahntrassen, entstand auf einem etwa 3.000 Quadratmeter großen Grundstück der neue Firmensitz der Weinhandlung. „Die Herausforderung bestand darin, dem Ganzen etwas entgegenzusetzen, ohne es zu ignorieren, also ein klares Bekenntnis zur vorhandenen Umgebung“, so Architekt Marco Hippmann. „Die Antwort darauf waren Ruhe und Klarheit und alles Überflüssige weglassen!“
Auf einer Nutzfläche von rund 1.200 Quadratmetern wurden drei Unternehmensstandorte zusammengeführt, gegliedert in den Bürotrakt, den Veranstaltungsraum und den Bereich Lagerung/Logistik. „Es ist ein klassisches Manufakturprojekt, bei dem man alles bis auf das kleinste Detail genau geplant hat, um eine nachhaltige reduzierte Architektur zu erreichen.“
Online-Weinhandlung offline
Da eine Brandwand zum Nachbarn notwendig war, schieden die ebenfalls in Betracht gezogenen Bauweisen aus Metall oder Holz aus. Hinzu kam, dass sich die Betonbauweise auch bezüglich der Funktion und der Kosten als die klügste Variante erwies. “ Die frühe Entscheidung für den gewählten Baustoff eröffnete den Architekten schließlich auch eine klare und eindeutig materialbezogene Vorgehensweise bei der weiteren Planung. „Es ging bei dem Entwurf auch um die Interpretation des Themas, Online-Weinhandlung offline zu bauen“, betont Hippmann. Um diese Aufgabe zu lösen, schaltete man frühzeitig das Team von Projekttriangle Design Studio aus Stuttgart ein, welches gemeinsam mit Hippmann Architekten das künftige Unternehmensbild der Firma ViDeli mit den Inhabern Sabine Harms und Oliver Schmid entwickelten. Es gelang, im Team Grundsätzliches zu klären und Gestaltungsfragen von den Außenanlagen bis hin zur Schrift zu erörtern. Materialien, Farben, Öffnungen, Bauelemente wurden auf das Minimum reduziert, um den absoluten Fokus auf Produkt und Unternehmen zu richten. Diese Haltung wurde innen wie außen konsequent umgesetzt.
Entwicklung von innen heraus
Die Architekten entschieden sich für quadratische Öffnungen im Gebäude, welche „ … die Maßstabslosigkeit und die Farblosigkeit der Umgebung berücksichtigen.“ Die Fenster sind so platziert, dass immer wieder besondere Durchblicke und Sichtachsen entstehen, die dem Betrachter interessante Perspektiven und Ausblicke gewähren. So fanden die Architekten denn auch die eher unauffällige Lösung, das Gebäude durchgängig mit dem Grauton des Betons (RAL 7032) zu gestalten. „Wir haben mit dieser Vorgehensweise eine bewusste Architektur für das Gebäude geschaffen und verzichten auch auf jegliche Art von Werbung“, erklärt Hippmann. Am Gebäude befindet sich nur der Schriftzug „club traube“ in Messing-Buchstaben.
Herzstück ist der von Sichtbetonwänden umgebene, etwa sieben Meter hohe Wein-Raum, in dem die Verkostungen an einem langen hölzernen Tisch stattfinden, der aber keinerlei Weine ausstellt oder Regale aufnimmt – ein Raum zum Treffen, Reden und Feiern, für Veranstaltungen.
Ortbeton und Fertigteile
Alle Außenwände und tragenden Innenwände bestehen aus Ortbeton bzw. Fertigteilen. Nur einfache Trennwände wurden in Trockenbauweise ausgeführt und betongrau gestrichen. Die Bodenplatte ist aus etwa 35 Zentimeter starkem Ortbeton und nimmt die Industrieheizung auf. Die Außenwände bestehen aus einer tragenden 20 Zentimeter dicken Innenschale aus C 40, 12 cm Dämmung (Styrodur) und einer 8 cm starken Außenschale, was zusammen für eine 40 cm starke Außenwandkonstruktion sorgt. Eine gestalterische Besonderheit sind auch die Sanitärräume und -einrichtungen aus Beton.
Alle Betonteile wurden vom Fertigteilhersteller, der Franz Traub GmbH & Co. KG., Aalen-Ebnat gefertigt, auch die Ortbetonausführungen. Die Mitarbeiter gaben wertvolle konstruktive und gestalterische Hinweise bei der Planung und bei der Ausführung. Der im Fertigteilwerk ausgewählte Beton war aus Kostengründen der typische Standardbeton des Herstellers. „Sehr charmant ist für uns die typische Betonoberfläche, wie sie aus der Schalung kommt. Gerade bei einer wirtschaftlichen Bauweise muss man auch akzeptieren, dass ein bauphysikalisch und technisch richtig ausgeführtes Bauteil aus einem Gemisch natürlicher Baustoffe eine sehr eigene Oberfläche entwickeln kann. Für den Bauherrn und uns ist gerade das die Qualität, die das gesamte Gebäude ausmacht.“
Material als Kältespeicher
„Wir haben keine technische Kühlung, das ist der Vorteil des Betons, dass er eine ideale Speichermasse darstellt“, erklärt Marco Hippmann. „ … trotz des Metalldaches war im letzten heißen Sommer die Raumtemperatur deshalb sehr moderat, was natürlich für den Wein sehr wichtig ist. Lagerung von Wein erfordert ein gewisses Temperaturfenster, in dem Schwankungen nur langsam verlaufen dürfen um die Qualität des Produktes nicht zu gefährden. Die sehr großen Oberflächenanteile von Beton und die entsprechenden Materialstärken ermöglichen dies ohne Einsatz einer technischen Kühlung.“
Bildnachweis: Brigida Gonzalez
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