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Diözesankunstmuseum Kolumba in Köln

Peter Zumthor, Haldenstein/CH

Architektur

Peter Zumthor, Haldenstein/CH

Bauherr

Erzbistum Köln, Generalvikariat, Hauptabteilung Finanzen/Bau/Recht

Projektbeteiligte

Dyckerhoff AG, DyckerhoffWeiss, Wiesbaden (Betontechnik); R. Bayer Betonsteinwerk GmbH, Blaubeuren (Bodenarbeiten); Westag & Getalit AG, Rheda-Wiedenbrück (Schaltechnik); Rainer Weitschies, Atelier Zumthor (Projektleitung); Atelier Peter Zumthor mit Architekt BDB Wolfram Stein, Köln (Bauleitung); Ingenieurbüro Jürg Buchli, Haldenstein mit Ingenieurbüro Dr. Ottmar Schwab – Reiner Lemke, Köln (Tragwerksplanung); Ferdinand Stadlin Bautechnologie, Buchs (Bauphysik); E. Heitkamp GmbH, Niederlassung Köln (Rohbau); Johannes Thelen GmbH, Erfstadt (Stampfbetonarbeiten Hofwand)

Jahr

2007

Ort

Köln, Kolumbastraße

Besonderheiten

Selbstverdichtender Mörtelbeton auf Basis von Weißzement; Hanfseile statt Abstandshalter; Fugenlose Betonböden

Beschreibung

Zehn Jahre hat es gedauert, von der Auftragserteilung bis zur Eröffnung des neuen Diözesanmuseums in Köln. Zehn Jahre, in denen geplant, verbessert und Materialien entwickelt wurden – bis endlich alles so stimmig war, wie es sich Peter Zumthor wünschte.

Zumthor entwickelt seine Gebäude körperhaft, was oft zu ungewöhnlichen Lösungen und Raumerfahrungen führt. Im Kolumba begrüßt kein großes, lichtdurchflutetes Foyer den Eintretenden, sondern ein schmaler Gang zwingt ihn nach links in einen kleinen, introvertierten nur spärlich beleuchteten Raum, in dem sich die Museumskasse befindet. Erst nach der Einlasskontrolle empfängt das Museum seine Besucher mit einem Foyer, einem hohen, leeren Raum, der sich durch die raumhohe Fensterfront mit dem, von einer mannshohen Stampfbetonwand eingefassten Hof vereint. Anschließend führt eine rund zehn Meter lange, schmale Treppe in einer Art Gebäudeschlitz zu den Ausstellungsräumen im ersten Obergeschoss. Später beim Hinuntersteigen überkommt manch einen Besucher ein kurzer Schwindel angesichts der Treppenlänge und dem ungeheuren Luftraum darüber.
Ebenso spannungsreich sind die Ausstellungsräume. Im Kolumba gibt es keine aneinander gereihten „white cubs“, sondern Räume mit unterschiedlichen Proportionen und Lichtverhältnissen. Sie ermöglichen differenzierte Präsentationsweisen für die heterogene Sammlung. Der umfangreiche Fundus des Museums wird in immer wieder wechselnden Ausstellungen gezeigt. Ein jeweils aktuelles Liporello gibt Hinweise zu den gezeigten Werken, erklärende Schilder in der Ausstellung sucht man vergebens. Ebenso wie Hängesysteme. Die Bilder sind direkt an den Lehmputz-Wänden befestigt. Beim Wechsel der Ausstellung werden die Löcher einfach wieder zugestrichen, nach dem Trocknen des Putzes ist die Ergänzung nicht mehr zu sehen. Belichtet werden die Räume seitlich. Nicht Oberlichter tauchen die Säle in gleichmäßiges Licht, sondern geschosshohe, unsichtbar gehaltene Fensterflächen erzeugen Licht und Schatten und einen Schwindel beim Blick auf die Stadt – es gibt keine sichtbare Absturzsicherung.

Warme Grautöne in vielfältigen Nuancen und hochwertige Materialien prägen das Gebäude. Graue Backsteinwände und Lehmputz, Fußböden aus geschliffenem Beton und Mörtel sowie Decken ebenfalls aus Mörtelbeton generieren eine schlichte, konzentrierte und elegante Atmosphäre. Der Mörtelbeton der Decken mit seinen hohen ästhetischen und bautechnischen Anforderungen wurde in monatelangen Labor- und Baustellenversuchen auf Basis von Weißzement extra entwickelt. Die Fußböden sind fugenlos gegossen, wie das gesamte Gebäude fugenlos errichtet ist. Die materialbedingten Bauwerksbewegungen sollen über die Masse kompensiert und verteilt werden, weshalb ein Netz von Haarrissen sowohl die Böden als auch die Decken durchzieht.
Mit dunkelrau-schwarzen Materialien heben sich der Kassenbereich, die Toilettenräume und ein besonderer Ausstellungsraum (Schatzkammer genannt) vom restlichen Gebäude ab, sowie die, komplett mit Mahagoniholz verkleidete Bibliothek.

Eine Vorgabe des 1996 ausgelobten Architektenwettbewerbs, den Zumthor gewann, war die Erhaltung der auf dem Grundstück vorhandenen archäologischen Ausgrabungen mit romanischen Fundamenten der spätgotischen St. Kolumba Kirche sowie der 1950 von Gottfried Böhm entworfenen Kapelle. Zumthor stülpte nicht reflexhaft – wie so oft in der Moderne – eine Glasbox über die Zeitzeugen, sondern verlegte sich aufs Weiterbauen. Er errichtete das neue Museum auf den Außenmauern der alten Kirche und integrierte die verbliebenen Fragmente. Für die Ausgrabungen entwarf er einen mystischen Raum, dessen Decke von schlanken Stützen getragen im Dämmerlicht verschwindet. Durch das Filtermauerwerk fließt punktuelles Tageslicht und frische Außenluft, die für die Erhaltung der Funde notwendig ist, sofern man auf kostspielige Technik verzichten möchte. Von diesem Raum umhüllt wird jetzt auch die Kapelle „Madonna in den Trümmern“. Eine Option, die Böhm schon immer für sein kleines Bauwerk in Betracht gezogen hatte. Jedoch wünschte er sich die Erhaltung einer eigenständigen Fassade mit direktem Zugang. Dieser erfolgt nun über einen Einschnitt in der Kolumba-Fassade.

Beton

Ein warmgrauer Backstein, der so genannte Kolumbastein, bildet die Außenfassade des Museums. Sie umschließt das archäologische Grabungsfeld als größten Raum des Gebäudes wie ein Filtermauerwerk und wirkt dabei wie eine luft- und lichtdurchlässige Membrane. Der den Mauerstein verbindende Mörtel sollte ursprünglich auch beim Bau der Decken zum Einsatz kommen. In zahlreichen Versuchen erwies sich jedoch, dass der Mauermörtel im Hinblick auf Dauerhaftigkeit, Struktur und gleichmäßige Optik nicht geeignet war. Die Musterflächen wiesen trotz sorgfältiger Vorarbeit starke Unterschiede in Textur und Farbton auf. Im gemeinsamen Dialog mit dem Bauherrn, dem Architekten und dem Mörtelhersteller erarbeitete das Bauunternehmen auf Grundlage des aktuellen Merkblattes für Sichtbeton des Deutschen Beton- und Bautechnikvereins ein Arbeitspapier mit den für diese Baustelle relevanten Forderungen: Keine Wolken, keine Poren und kein Versatz. Jeder Nagel bei der Vorsatzschalung wurde geplant. Im Beisein des Architekten wurde sogar eine Musterreihe auf einer Plexiglasschalung gefahren, nur um die Porenentwicklung des Baustoffs beurteilen zu können.

In monatelangen Labor- und Baustellenversuchen gelang es schließlich dem Mörtelhersteller, einen Mörtelbeton auf Basis von Weißzement zu entwickeln. Sein Fließverhalten liegt sogar noch über dem von selbstverdichteten Beton, dabei hat er die Festigkeit eines B25-Betons. Als Siloware wurde der Mörtelbeton vom Hersteller angeliefert und in den Werken des Transportbetonlieferanten angemischt.
Da die ursprünglich ausgeschriebene Schalhaut beim Ausschalen der Musterflächen Bearbeitungsspuren auf der Oberfläche hinterließ, musste eine mörtelbeständige Oberfläche entwickelt werden. Im Labor erprobte man eine für diesen Sondermörtel resistente Schalhautbeschichtung. Der zu erwartende diffizile Einbau verlangte nach einer hoch beanspruchbaren und dünnen sowie handlichen Platte. Auf der Basis der Westaspan 450 H-Deckenschalung im Format 3000x 2000x10 mm wurde eine für diesen Anwendungsfall gut geeignete Melaminimprägnierung HMK konzipiert und erfolgreich getestet. Dies entsprach dann auch der Herstellerempfehlung für glatte fugenarme, sichtbar bleibende Betonoberflächen nach DIN 18 202/3.

Im Januar 2005 begannen unter dem Schutze der 400 m² beziehungsweise 1.200 m² großen, provisorisch errichteten Wetterschutzdächer die ersten Betonierarbeiten. Unterteilt waren diese in Abschnitte von 15 bis 350 m². Die Schalungsplatten wurden auf der Baustelle in der eigens eingerichteten Schreinerei millimetergenau zugeschnitten, mit Nut und loser Feder versehen und mit Silikon gedichtet. Nach dem Ausschalen einer ersten, 15 m² großen Fläche im Treppenhaus Süd am Durchgang zum Grabungsfeld waren alle positiv überrascht. Kein Versatz, keine Farbveränderungen – alle vormals störenden Faktoren tendierten gegen Null.
Mit viel Optimismus wurde dann die Betonage des zirka 12 m über dem Ausgrabungsfeld befindlichen, 700 m² großen Deckenbereiches vorbereitet. Drei Betonierabschnitte gab es. Dank der Wetterschutzdächer sowie der besonderen Einbaumethode des Mörtels konnte die ausgeschriebene Edelstahlbewehrung kostensparend gegen normalen Baustahl getauscht werden.
Der Deckentragrost bildet eine gitterförmige Konstruktion aus verschraubten, 400 bis 600 mm hohen und bis zu 20,0 m langen Stahlprofilen. Das Rastermaß von ca. 2,20 x 2,20 m erschwerte nicht unwesentlich die nachfolgenden Schal- und Bewehrungsarbeiten.
Auf einem zirka 12 m hohen Raumgerüst in Modulbauweise liegt die Sparschalung auf 20 cm hohen Schalungsträgern. Hierauf wurde unterhalb der Stahlprofile die passgenau zugeschnittene Schalhaut platziert. Unterhalb der Träger herausragende, 8 cm lange Stahlbolzen hatten die Aufgabe die Mörteldecke beziehungsweise die Bewehrung zu halten.

Sehr vorsichtig und mit viel Fingerspitzengefühl wurde die zweilagige Bewehrung verlegt, ohne dabei die Schaltafel zu beschädigen. Weil die Mörteldecke nur 10 cm bemessen ist, besteht die engmaschige Bewehrung im Wesentlichen aus dünnen Stäben mit einem Durchmesser von zirka 1,0 cm und weniger. Pro Kubikmeter Mörtelbeton wurden 270 kg Bewehrungseisen eingebaut. Statt an Abstandshaltern hängt die Bewehrung an den Stahlprofilen. Zur Montage der Bewehrung wurden Hanfseile verwendet, da die Schalhaut nicht beschädigt werden durfte. Die Hanfseile konnte man anschließend problemlos herausziehen. Weil die Schalhaut vor dem Betonieren noch restlos abgesaugt werden sollte musste auch auf das Schalöl verzichten werden.
Da die Baustelle direkt im Herzen der Domstadt liegt und der Berufsverkehr die Mörtel-Logistik beeinträchtigt hätte, wurden die größeren Betonagen sehr früh am Morgen oder am Wochenende durchgeführt. Leistungsstarke Fließestrichpumpen beförderten den Baustoff über Schläuche zur Einbaustelle. Völlig homogen, mattglänzend und geschmeidig floss der Mörtel in die Deckenschalung. Er unterspülte sofort die Bewehrung und stieg gleichmäßig hoch. Eventuell am Stahl befindliche Rostpartikel wurden hochgespült und konnten sich gar nicht nach unten absetzen. Dank der gründlichen Vorbereitung und exakter Ausführung ist die aus bautechnischer Sicht notwendige Arbeitsfuge innerhalb der 700 m² großen Decke von unten nicht zu erkennen. Filigrane Stelen die aus dem Grabungsgelände aufsteigen geben der Decke den notwendigen zusätzlichen Halt. Sie bestehen aus Stahlröhren die mit einem 3,0 cm starken Mörtelmantel umgossen wurden. Nach Fertigstellung der hellen Mörteldecke wurden in der darüber befindlichen Stahl-Deckenkonstruktion die Versorgungsleitungen verlegt und die Zwischenräume mit einer Blähton-Schüttung aufgefüllt. Vorher war die Deckenkonstruktion aus Gründen des Brandschutzes noch mit einem Brandschutz-Spritzputz versiegelt worden. Auf der Schüttung liegt eine Mineralwolldämmung auf die später die Stahlbeton-Verbunddecke aufgebracht wird. Danach konnte der Innenausbau des Ausstellungsstockwerkes erfolgen.

Im Erdgeschoss, 1. OG und 2. OG wurde ein 2 cm dicker, feingeschliffener Beton auf Basis von Weißzement eingebracht. Der Beton wurde direkt auf den Rohbeton nach entsprechender Vorbereitung des Untergrundes aufgetragen. Als Gesteinskörnung wurde ein Marmorsand mit 3 mm Größtkorn verwendet. Der Estrich wurde durchgehend in quasi einem Arbeitsgang innerhalb von 4 Tagen aufgezogen. Auch im Bereich der Treppenläufe wurde das Material auf den Rohbeton aufgetragen. Nach entsprechender Härtung wurde der Belag in vier Schleifgängen bis zum Schliff 220 bearbeitet. Nach Austrocknung wurde die Oberfläche mit einer Marmorpolitur behandelt. Es wurden insgesamt rund 2.000 m² Boden hergestellt.
In den Kabinetten des Objektes wurde ein Mörtelboden mit flügelgeglätteter Oberfläche eingebaut. Dieser musste farblich an den Wandputz angepasst werden. Hierfür durften keine Farbpigmente eingesetzt werden. Auf der Basis von Weißzement wurde ein roter Granitsand, ein Flusssand und ein grau/gelber Jurasand mit einem Rheinkies 2-8 mm kombiniert. Auch dieser Belag ist lediglich 2 cm dick. Die insgesamt zirka 500 m² großen Flächen wurden mit einem farblosen Fleckstopp behandelt. Auch diese Flächen wurden komplett ohne Trennschienen eingebaut.
Im Bereich der Küche, der Schatzkammer und den WCs wurde ein schwarzer Beton auf Basis eines Basaltes 1-3 mm eingebaut und angeschliffen. Zusätzlich wurde der Boden mit Eisenoxyd schwarz pigmentiert. Auch die schwarze Farbe kommt aufgrund des eingesetzten Weißzementes farbintensiver zur Geltung. Diese Oberfläche wurde anschließend mit Wachs behandelt.
Bei den Sockeln für die Exponate wurde ein selbstverdichtender Hochleistungsbeton auf Basis des Spezialbindemittels Flowstone eingesetzt. Die Elementdicken betragen lediglich 2 cm und haben scharf ausgebildete Kanten. Dieser Hochleistungsbeton der sich durch seine sehr dichte Oberfläche auszeichnet wurde mit einer glatten, nicht saugenden Schalung hergestellt. Es wurde keine nachträgliche Oberflächenbehandlung durchgeführt.
Wie auch schon bei der kürzlich in Wachendorf bei Köln erstellten Kapelle, hat Peter Zumthor auch für die Einfriedung des Außenhofs auf der Rückseite des Gebäudes Stampfbeton verwendet. Eine rund 2 Meter hohe Mauer aus rohem bräunlich gefärbtem Stampfbeton begrenzt diesen Bereich.

Quelle

Bilder und Textmaterial mit freundlicher Genehmigung von opuc C | 5.2007

Bildnachweis: Kolumba / Hélène Binet / glaeslephoto cologne

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