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Geschichtspark "Ehemaliges Zellengefängnis Moabit" in Berlin

Glaßer und Dagenbach, Garten- und Landschaftsarchitekten, Berlin

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Betonskulpturen Dauerhaftigkeit Geschichte Oberfläche Ortbeton

Architektur

Glaßer und Dagenbach, Garten- und Landschaftsarchitekten, Berlin

Bauherr

Bezirksamt Mitte von Berlin, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

Projektbeteiligte

Ingenieurbüro GSE, Berlin (Statik), O. Kittel, Berlin (Landschaftsbau), Hoch- und Ingenieurbaugesellschaft mbH Brandenburg (Betonarbeiten), T. Fiebig, Potsdam (Mauersanierung), KMB Kreativmetallbau, Berlin (Metallbau)

Jahr

2006

Ort

Berlin, Lehrter Straße

Besonderheiten

Unregelmäßigkeiten der Sichtbetonflächen

Beschreibung

Mit dem Geschichtspark ist auf dem Gelände des ehemaligen Zellengefängnisses Moabit in Berlin eine Parkanlage entstanden, die gleichzeitig Gedenkort und nutzbarer Park für die Bevölkerung ist. Früher stand hier das preußische Zellengefängnis, in dem erstmals Einzelzellen statt wie damals üblich Gemeinschaftszellen eingeführt wurden. Das aus fünf Flügeln sternförmig gebaute Gebäude befand sich auf einer sechs Hektar großen Anlage mit Kirche, Beamtenwohnungen und einem Friedhof. Nach Abriss des Gefängnisses 1957/58 blieben Teile der Gefängnismauer erhalten, der ehemalige Friedhof wird für eine Kleingartenanlage genutzt.

Erste Pläne sahen für das lange brachliegende Gelände 1989 die Anlage eines Geschichtspark vor, der 1992 unter Denkmalschutz gestellt wurde. 16 Jahre hat die Erarbeitung und Umsetzung des Projektes gedauert, die Bauarbeiten von 2003 bis 2006. Nach den Plänen der Landschaftsarchitekten Silvia Gaßler und Udo Dagenbach wurden die Gefängnismauern denkmalgerecht restauriert und das Parkgelände in zwei Hälften geteilt. Auf der einen Seite ist eine Parklandschaft für die Anwohner entstanden. Der Waldbereich wird durch ein pfadartiges Wegesystem erschlossen, hier sind Spiel- und Ruhebereiche untergebracht. Auf der anderen Hälfte befindet sich die Gedenkstätte. Themen sind Szenen aus dem Leben im Gefängnis, Erfahrungen von Freiheit und Unfreiheit, Verbrechen und Kriminalität aber auch Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit.

Fünf Meter hohe restaurierte Mauern begrenzen das Gelände und machen es uneinsehbar. Der Haupteingang liegt hinter einer Betonmauer, die ebenfalls den Blick nach draußen versperrt. Nicht alle auf das Gefängnis hinweisenden Symbole erklären sich jedoch so offensichtlich, wie die überdimensionalen Gitterstäbe auf der Außenmauer. Im Park haben die Architekten die Außenwände der vier abgerissenenen Zellenflügel mit niedrig an- und absteigenden Betonmauern nachgezeichnet. Drei Spazierhöfe werden durch übermannshohe Betonschalen symbolisiert, die das beengte Gefühl der Häftlinge demonstrieren sollen. Eine begehbare Betonskulptur mit Klanginstallation der Filmemacherin Christine Keppler ist einer Zelle in Orginalgröße nachempfunden. Große Buchstaben an der restaurierten Gefängnismauer geben Fragmente des Gedichtes "In Fesseln" von Albrecht Haushofer wieder, das er während seiner Gefangenschaft schrieb. An einem zentralen Punkt im Park, am Standort des ehemaligen zentralen Überwachungsraumes des Gefängnisgebäudes an der Stelle, steht ein Kubus aus Betonstelen. Dunkel gefärbte Wege erinnern an den kahlen Gefängnisfußboden.

Den Architekten ist die Gratwanderung zwischen Gedächtnis und Gedenkstättenkitsch, Naherholung und Wissensdrang, Eintauchen und Erholung in diesem Projekt meisterlich gelungen. Das Projekt wurde 2007 im Bundeswettbewerb des Bundes Deutscher Landschaftsarchitekten mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Gelobt wurde die intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes, die Zusammenarbeit mit den Anwohnern und die gelungene Gestaltung der Details.

Beton

Der Anspruch an den Beton war vielfältig, so sollten mit dem Material auch Stimmungen und Bedeutungen vermittelt werden. Seine Oberfläche musste daher rau und brüchig sein, wie die Fuge einer Klinkermauer. Die fertigen Flächen sollten zufällig wirken und bereits angekratzt sein, da nach Meinung der Architekten Gefängnisse auch immer mit Verletzung oder Verletztsein zu tun haben. Die gewünschten Oberflächen entstanden nach der Herstellung zahlreicher Muster.

Obwohl anfangs Fertigteile in Erwägung gezogen wurden, entschied man sich nicht zuletzt aus Kostengründen für Ortbeton. Die anschließende Sandstrahlung führte zu den gewünschten Unregelmäßigkeiten der Sichtbetonflächen.

Quelle

Baunetz Wissen Beton

Bildnachweis: Glaßer und Dagenbach, Berlin

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