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Gustav-Mahler-Treppe in Kassel

Bestand: Hermann Mattern (1955); Hans-Herbert Westphal (1964) Umbau und Instandsetzung: ARGE LOMA architecture.landscape.urbanism (Leistungsphasen 2 bis 5) und RB+P Landschaftsarchitektur (ehem. Riehl Bauermann + Partner Landschaftsarchitekten; Leistungs

Architektur

Bestand: Hermann Mattern (1955); Hans-Herbert Westphal (1964)
Umbau und Instandsetzung: ARGE LOMA architecture.landscape.urbanism (Leistungsphasen 2 bis 5) und RB+P Landschaftsarchitektur (ehem. Riehl Bauermann + Partner Landschaftsarchitekten; Leistungs

Bauherr

Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH), Niederlassung Nord

Jahr

2022

Ort

Kassel, Gustav-Mahler-Treppe

Beschreibung

Am Ende des Zweiten Weltkriegs war Kassel so stark zerstört, dass sich die Möglichkeit bot, die Stadt grundlegend umzugestalten: Wo sich zuvor Konstellationen aus Plätzen und diagonalen Straßenzügen befanden, verbindet seit 1953 eine breite Schneise den Kopfbahnhof mit dem Friedrichsplatz. Die Trümmer hingegen wurden einige hundert Meter weiter südlich an einem Hang angehäuft und mit Blumen bepflanzt – hier eröffnete 1955 die Bundesgartenschau mit der Gustav-Mahler-Treppe. Um ihre Instandsetzung hat sich kürzlich eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) aus den Büros LOMA architecture.landscape.urbanism und RB+P Landschaftsarchitektur gekümmert. 2022, pünktlich zur Documenta 15, wurde das Projekt fertiggestellt.

Vom Kopfbahnhof kommend führt die Treppenstraße, die manchen als erste Fußgängerzone Deutschlands gilt, peu à peu zum Friedrichsplatz hinab und auf die Landschaft am Horizont zu. Vorbei an Fredricianum und Staatstheater erreicht man eine Terrasse am Südende des Platzes, eine Art Stadtbalkon, an dessen Fuße sich die Karlsaue mit der Fulda erstreckt. Rechterhand, am Löwendenkmal, knüpft die Gustav-Mahler-Treppe an und führt hinab zur Orangerie des 150 Hektar großen barocken Schlossparks.

Die erste Version der Treppe entwarf Hermann Mattern, anlässlich der Bundesgartenschau 1955, zu deren Begleitprogramm übrigens die erste Documenta gehörte. Dazu gestaltete er auch den westlich angrenzenden Rosenhang mit einem serpentinenartigen Weg. Durch die üppig bepflanzte, mit lokalem Sandstein gestaltete Anlage verschwanden die Trümmer aus dem Stadtbild. 1964 jedoch, zur Documenta 3, überschrieb Hans-Herbert Westphal die Planungen Matterns. Durch ihn erhielt die Treppe ein neues Höhenprofil, das von da an unverändert blieb. Die Randbereiche des BUGA-Geländes erfuhren im Laufe der Zeit ebenfalls mehrere Eingriffe. Lediglich der Kernbereich des denkmalgeschützten Rosenhangs wies noch die originale Gestaltung auf, als 2018 die Sanierungsarbeiten begannen.

Treppe in Bewegung
Über die Jahre hinweg hatte sich der Kriegsschutt als unsicherer Grund für die Stufen, Podeste und Plätze erwiesen. Dem versuchten bereits die Planer*innen in den 1960er-Jahren zu begegnen: Die riesige, massive Unterkonstruktion bestand aus 25 cm Stahlbeton auf 5 cm Magerbeton und 20 cm Kies. Die darauf verlegten Platten – insgesamt 1.600 m2 –  wiesen fünf unterschiedliche Formate auf: 100x100 cm, 75x50 cm, 50x50 cm, 50x25 cm und 25x25 cm. Da die Stufen aber nicht gut fixiert waren, begannen sie sich zu verschieben – so sehr, dass die beliebte Treppe zunehmend unbegehbar wurde. Eine defekte Beleuchtung erhöhte das Sicherheitsrisiko zusätzlich, vor allem bei Nacht.

Beton

Denkmalschutz für Waschbeton
Jenseits der baukonstruktiven Aspekte wurde diskutiert, wie mit den vorhandenen Schichten der mehrfach umgestalteten Anlage umgegangen werden sollte. Viele Menschen in der Stadt wunderten sich, dass die billig erscheinenden Waschbetonplatten der Stufen und Podeste aus den 1960er-Jahren denkmalwürdig sein sollten. Letztlich wurden die barocke Grundstruktur, die Zeitschicht von 1955 und die Zeitschicht von 1964 gleichermaßen als erhaltenswert eingestuft. Dafür sprach zum einen der Seltenheitswert der brutalistischen Landschaftsarchitektur, zum anderen der Erhalt der Betonteile. Das Büro LOMA bilanzierte die CO2-Emissionen für die 1964 fertiggestellte Treppe auf 530 Tonnen. Bei den Instandsetzungs- und Ergänzungsarbeiten kamen lediglich 60 Tonnen hinzu – viel weniger als bei einem Abbruch und Neubau im Stil der 1950er-Jahre.

Rückbauen, reinigen und wieder einbauen
Anfang November 2020 starteten Ausbau und Einlagerung der Waschbetonstufen und -platten. Herausfordernd, aber gerade deswegen interessant, war aus Sicht der Landschaftsarchitekten hierbei der schonende Umgang mit den Bestandsmaterialien sowie der Einblick in die Bautechnik der 1950er- und 1960er-Jahre. Der Unterbau wurde instandgesetzt, wobei der bauzeitliche Sand durch Splittbeton ausgetauscht wurde. Dieser soll künftig ein Absacken der Platten verhindern. Anschließend wurden die gesäuberten Bestandsplatten überwiegend wieder eingebaut.

Da der Zustand des bauzeitlichen Belags noch überaus gut war, waren lediglich 200 Quadratmeter neue Waschbetonplatten nötig. Es stellte sich jedoch heraus, dass es nicht so einfach war, vergleichbare Exemplare zu bekommen. Die Museumslandschaft Hessen Kassel (heute Hessen Kassel Heritage), die die Treppen- und Parkanlage verwaltet, ließ daher eigens neue Platten aus Weser- und Leine-Kies anfertigen. Ein paar Monate später begannen dann auch die Arbeiten am benachbarten Rosenhang, wo Trockenmauern und Treppenanlagen saniert wurden. Zudem wurden zwei Treppen aus den 1980er-Jahren entfernt, die nicht zu Matterns ursprünglichem Entwurf gehörten.

Mehr Sicherheit bei schlechter Sicht
Im Zuge der Instandsetzung sollte die Gustav-Mahler-Treppe auch sicherer werden, ohne ihre Erscheinung als homogener Waschbetonkörper einzubüßen. Zwischen den hellen Bestandsstufen aus Leinekies und den grau-bunten Belägen aus Weserkies wurde ein taktiler Streifen aus hellem Beton eingebaut. Das glatte, kontrastierende Orientierungsband am Anfang und Ende der Treppenabschnitte optimiert deren Erkennbarkeit. Im Dunkeln sorgen nun Mastleuchten und mit LED-Strahlern bestückte Handläufe für mehr Orientierung und Sicherheitsgefühl.

Quelle

Baunetz Wissen Beton

Bildnachweis: Nikolai Benner (Fotos); LOMA (Pläne)

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