Finckh Architekten BDA, Stuttgart
Familie Bräuning
Pfefferkorn & Partner, Stuttgart (Tragwerk); The lighting Architects GbR, Stuttgart (Lichtplanung)
2007
Ostfildern-Ruit
Massivbau
Abbildeinschalige Betonsteinwand mit Innendämmung.
Geschalt mit sandgestrahlten Douglasie Brettern, 15cm breit.
Oberfläche abgebürstet und lasiert mit Keim 9007.
Das Gebäude befindet sich in zweiter Reihe in einer ehemals ausschließlich von Scheunen geprägten Struktur, gelegen in unmittelbarer Nähe zum Dorfzentrum von Ostfildern-Ruit. Diese alte Struktur der Scheunen und Gärten mit kleinen Obstbäumen und Vieh hinter den Wohnhäusern prägt zum Teil heute noch den Ort. Vor dem Hintergrund einer baulichen Verdichtung des Dorfkerns werden die Scheunen nach und nach durch Wohngebäude ersetzt.
Das Gebäude orientiert sich weniger an der gebauten Struktur des Umfelds, sondern greift tiefer und entwickelt sich vielmehr aus der Aufgabe selbst und dem historischen Kontext des Ortes. Das Neue trägt das Vergangene in sich; ist komplizenhaft an den Eigentümlichkeiten des Ortes und setzt darüber hinaus ein Zeichen, das den urbanen Kontext aufkratzt. Eine moderne „versteinerte Scheune“, die provoziert und herausfordert. Gewohntes und Neues verschmelzen, werden eins und sind nicht mehr zu trennen.
Die Enge des Baufensters fordert einen passgenauen Baukörper, der aus einem schmalen langen Quader heraus durch Subtraktion generiert wird. Auf der einen Seite lehnt er sich an das Nachbargebäude an, zur anderen entwickelt er sich plastisch und öffnet das Innere. Die steil geneigten Dachflächen der Scheunenstruktur werden übernommen. Im Erdgeschoss entsteht ein hofartiger, überdachter Außenraum mit Durchgang zum Garten. Dieser definiert Eingang, Terrasse und Stellplatz.
Das Innere gliedert sich in drei Ebenen unterschiedlicher Nutzung, die alle über einen kleinen Luft- und Treppenraum miteinander verbunden sind. Dort ergeben sich interessante vertikale Raum- und Blickbeziehungen und ein Gefühl für das Gebäudevolumen im Inneren. Am Fuße des Luftraumes im Erdgeschoss befindet sich ein schmaler hoher Eingangsbereich mit Garderobe, etwas höher gelegen der helle Kommunikationsbereich mit Küche, Essen und offenem Kamin. Dieser orientiert sich hin zum Hof und hinaus zum schönen Garten. Auf die beiden oberen Geschosse verteilen sich die privaten Rückzugsbereiche der Familie. Im Obergeschoss Kinderzimmer, Bad und ein schmaler Arbeitsraum, allesamt kleine und niedrige Räume mit sparsamen Öffnungen. Ganz oben unter dem Dach entwickelt sich ein großzügiger, lichtdurchfluteter Raum mit kleiner Galerie und Bad für die Eltern.
Die architektonische Gleichbehandlung von Fassade und Dach durch Textur und Materialisierung stärkt das Volumen und schafft ein körperhaftes Ganzes. Die möglichst wenigen, präzisen Öffnungen und Materialien lassen den Gebäudekörper klar und einfach wirken. Es entsteht ein kraftvolles Ganzes ohne Ablenkung auf Unwesentliches, ganz nach dem Prinzip der alten historischen Scheunengebäude.
Die raue Fassadenschale mit ihrem hölzernen Abbild als versteinerte Hommage an vergangene Zeiten, wird im Bereich der Einschnitte durch eine weiche, lichtdurchscheinende, fast immateriell wirkende Haut kontrastiert. Das zarte Innere zeigt sich nach außen. Dort wird der Aufbau des Hauses, die harte dunkle Schale und das weiche helle Innere sicht- und erlebbar.
Bildnachweis: Finckh Architekten BDA, Stuttgart
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