Finckh Architekten BDA, Stuttgart
Famile Finckh
Thomas Sixt Finckh (Projektleiter); Pfefferkorn und Partner, Stuttgart (Tragwerksplaner), Steinhilber (Projektleiter), Proc (Mitarbeiter); Fa. Wochner, Dormettingen (Betonfertigteile)
2012
Stuttgart, Stöckenbergweg 39
Massivbau als Flächentragwerk
Zusammensetzung des verwendeten Betons:
Standard C20/25; Wohnhausbreite lediglich 4,70 m
Hoch über dem Esslinger Neckartal liegt der Stöckenbergweg, eine kleine, aber doch besondere Wohnstraße. Denn hier scheint es keine oder nur wenige Bauvorschriften zu geben. Man trifft auf schöne Bauten der 1970er Jahre, auf ziemlich misslungene Umbauten kleiner Siedlungshäuschen, Zeitzeugen der 90er Jahre – und ein Einfamilienhaus, dessen Architekt sich die Freiheiten zunutze gemacht hat. Klein und doch großzügig, schlicht und elegant steht es auf dem Grundstück mit handtuchartigem Zuschnitt, das einmal eine Zufahrtsstraße für die Nachbarhäuser war. Aufgrund dieses extrem schmalen Baufensters – das fertige Haus ist nur 4,70 breit und dafür 14 Meter lang – entstand die Idee, ein Haus mit möglichst dünnen Außenwänden zu bauen. Gleichzeitig sollte es alle Anforderungen erfüllen, die an ein Passivhaus gestellt werden. Des Rätsels Lösung waren sechs Zentimeter dicke, hochdämmende Polycarbonatplatten mit einem U-Wert von 0,74 W/(m²K). Da der Architekt das Haus mit seiner Familie selbst bewohnt, spielte es für ihn auch keine Rolle, dass die Platten zu diesem Zeitpunkt noch keine Zulassung hatten. Der Mut wurde belohnt, denn die Aufenthalts- und Lebensqualität in diesem Haus ist enorm. Durch die Platten strömt gedämpftes und dadurch sehr schönes Tageslicht ins Innere, die großzügigen Verglasungen zur Straße und zum Garten hin fangen das Sonnenlicht ein. Und so wirken die Innenräume trotz der puristischen Einrichtung mit überwiegend schneeweißen Möbeln warm und wohnlich.
Zu dieser Atmosphäre trägt noch ein weiteres Material bei: der relativ grobe Sichtbeton. Denn daraus wurden alle Wände und Decken gegossen. Es war kein Sichtbeton ausgeschrieben, auf ein Finishing wurde verzichtet. An einer Decke ist sogar eine eingebundene Wand zu sehen, die nach dem Ausschalen einfach abgeflexst wurde. Dieser unkonventionelle Umgang von Finckh Architekten mit dem Baustoff Beton macht denn auch das Besondere dieses Hauses aus. Es ist hinsichtlich des Grundrisses perfekt und mit Blick auf den Beton zugleich so angenehm unperfekt. Hinzu kommt, dass sich schon so mancher Besucher gefragt hat, wie dieses Haus eigentlich stehen bleibt. Tragende Elemente, die die Kräfte von oben nach unten ableiten könnten, sind nur wenige zu sehen. Die meisten ließ der Architekt geschickt in den eigens für dieses Haus angefertigten Möbeln verschwinden.
Zwei weitere Punkte runden das gelungene Erscheinungsbild ab. Der schwimmend verlegte, hoch modifizierte Zementestrich, in den die Fußbodenheizung integriert ist, wurde lediglich mit einer Edelstahlkelle geglättet und hydrophobiert und passt somit bestens zu den anderen Materialien. Sie finden sich in der Garage und im kleinen Gartenhäuschen wieder, die ebenfalls aus Beton gegossen wurden und deren Tore ebenfalls aus Polycarbonatplatten bestehen.
Bildnachweis: Finckh Architekten BDA, Stuttgart
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