Tilman Bock und Norbert Sachs, Berlin
Freistaat Sachsen, Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Niederlassung Bautzen
Eisenloffel, Sattler + Partner, Berlin (Statik); Hackenberg, Berlin (Landschaftsarchitektur)
2006
Zittau, Theodor-Körner-Allee 16
Stahlbetonbau in Ortbeton
Das Schleifen der Stadtumwehrung im 19. Jahrhundert hatte in Zittau die Entstehung von Park- und Grünanlagen entlang des Rings zur Folge. Hier siedelten sich traditionell öffentliche Gebäude wie Stadttheater oder Stadtbad an. Daran anknüpfend entstand an diesem Ort der Campus der Hochschule Zittau/Görlitz, nachdem die Gebäude der dort ehemals angesiedelten Textilindustrie abgerissen wurden.
Das neue Hörsaalgebäude ist ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung des Kerngeländes der Hochschule. Durch seine exponierte Lage bildet der freistehende Bau den neuen Auftakt des Hochschulgeländes an der Nahtstelle zur Altstadt. Der matt weiß schimmernde zweigeschossige Kubus ist geprägt durch seine großen Öffnungen und Einschnitte über die gesamte Gebäudehöhe. Am Campusplatz kragt das Gebäude im Obergeschoss massiv aus und markiert den Eingang. Der Überstand verschattet darüber hinaus die darunter liegenden Glasflächen an der Südfassade. Im Innern herrscht in der Zonierung und Strukturierung eine übersichtliche Ordnung. Um das Foyer lagern sich L-förmig drei kleine und ein großer Hörsaal. Im Obergeschoss befinden sich je zwei Seminarräume und die terrassierte Dachfläche im Außenbereich. Erd- und Obergeschoss sind durch einen Luftraum über dem Foyer verbunden. Der helle Bau gewährt zahlreiche Durch- und Einblicke und lässt das Foyer durch die Vernetzung von Innen und Außen zu einem Ort der Kommunikation werden. Überhaupt ist die Erschließung des Gebäudes ein Erlebnis, es gibt keinen Gang ohne Fenster und keinen Treppenlauf ohne Blick nach draußen. Auch die Fluchttreppen sind in den Kubus skulptural eingearbeitet.
In der Oberlausitz werden Oberflächen üblicherweise verputzt. Das greifen die Architekten teils aus Kostengründen, teils aus Tradition, auf. In den Oberputz wurde Glimmer eingearbeitet, um die Helligkeit des Kubus zu verstärken. Die Decken und Wände im Inneren sind geweißt, der Boden ist aus hellblauem Linoleum. Der große Hörsaal ist eine introvertierte Box mit azurblauen Flächen und silberfarbenen Sitzen. Er zeigt sich in der Außenhaut, schiebt sich nach außen und lockert den strengen Kubus auf, ohne die kompakte Form aufzulösen.
Das Hörsaalgebäude ist als Stahlbetonbau in Ortbeton errichtet. Die tragenden Wänden und Wandscheiben sind statisch konsequent übereinander gelagert. Charakteristisch für den Kubus sind die großen Ein- und Ausschnitte, die die Kubatur auflockern. In den auskragenden Gebäudeteilen, wie über dem Eingangsbereich oder dem Treppenkorpus ins Obergeschoss wird das statische System durchbrochen und die Vorzüge des Materials Beton genutzt. Sichtbeton spielt eine untergeordnete Rolle: einzelne Sichtbetonwandscheiben im Foyerbereich und im Treppenhaus setzen Akzente und sind von hoher Qualität. Die Haupttreppenanlagen sind als Fertigteiltreppenläufe ebenfalls in Sichtbeton, die Dachdecke besteht teilweise aus Spannbetonfertigteilen.
Der Anspruch an die hohe Qualität der Architektur ist bereits belohnt worden: das Hörsaalgebäude erhielt von der Jury des BDA Sachsen den Architekturpreis 2007.
Bildnachweis: Daniel Sumesgutner, Hamburg
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