MET Architects, Basel
Bau- und Verkehrsdepartment des Kantons Basel-Stadt
Martini Schäfer Baumanagement, Basel (Generalplaner*in ARGE mit MET-Architects, Baukostenplanung, Terminplanung, Ausschreibung, Ausführung); wh-p Ingenieure, Basel (Bauingenieursleistungen); Eplan Elektroengineering, Reinach (Elektroplanung); Herrmann + Partner Energietechnik, Basel (Technische Gebäudeplanung)
2021
Basel, Badweglein
1962 wurde das Gartenbad Bachgraben im Basler Iselin-Quartier, unweit der Landesgrenze zu Frankreich, in Betrieb genommen. Pilzstützen verschatten den Eingangsbereich, dahinter verteilen sich pavillonartige Betonbauten und vier unterschiedlich geformte Becken auf einer von Bäumen durchzogenen Wiese. Otto und Walter Senn hatten das seit 2008 geschützte Ensemble einst entworfen. Im Zuge von Sanierungsmaßnahmen kümmerten sich MET Architects um das frühere Wärter*innenhaus, das 2022 als Jugendtreff Bachgraben wiedereröffnete.
Seit den 1960er-Jahren hat sich das Gartenbad wenig verändert, abgesehen vom blauweißen Anstrich des Eingangsbereiches und den Räumen für ein Spezialangebot des Schulhauses Wasgenring in einigen der Garderobenbauten. Die Umkleidespinte und -kabinen befinden sich zusammen mit den Duschen und WCs in zwei kammartigen Trakten, bestehend aus jeweils drei zweigeschossigen Riegeln mit Laubengang und einem verbindenden Steg. Am Westrand des Geländes steht das ebenfalls zweigeschossige Restaurant, dessen Obergeschoss allerdings seit 2011 geschlossen war. 2021 sollte das Gebäude schließlich saniert und umgebaut werden. Im Zuge dessen plante die Kantonsverwaltung die Gastronomieflächen zu verkleinern und dafür einen Jugendtreff zu integrieren, und schrieb dazu einen offenen Wettbewerb aus, den MET Architects für sich entschieden. Es stellte sich jedoch heraus, dass eine Ertüchtigung des auf Sommerbetrieb ausgelegten Baus für eine ganzjährige Nutzung die historische Substanz erheblich beeinträchtigt hätte. Folglich schlugen die Architekt*innen das ehemalige Abwartshaus als alternativen Standort für den Jugendtreff vor, das sich am Ostrand des Bads – direkt am Eingang – befindet.
Wohnen im Freibad
Das Abwartshaus (Abwart ist die schweizerdeutsche Bezeichnung für Platz- oder Hauswart) war bereits ganzjährig bewohnt worden und verfügt an der Südwestseite über einen eigenen Garten. Für die Umnutzung des kompakten Gebäudes sprach die Nähe zum ehemaligen Jugendzentrum und die Zugangsmöglichkeit von der östlich passierenden Seitenstraße. Die Abwartswohnung nahm das Obergeschoss ein, dessen Bodenplatte an der Südostseite als Balkon auskragt. Im Erdgeschoss befanden sich hingegen Umkleiden und Aufenthaltsräume des Betriebspersonals sowie Nebenräume für den Badbetrieb. Im Keller waren Lager- und Technikräume und ein Luftschutzraum untergebracht.
Weniger Wände, größere Räume
Bisher wurde das Gebäude allein über die Treppe erschlossen, die sich neben dem straßenseitigen Zugang befindet. Seit dem Umbau gibt es nun auch einen Aufzug, der alle drei Geschosse verbindet. Während das Untergeschoss weitestgehend unverändert blieb, fanden in den oberirdischen Geschossen einige Veränderungen statt: In beiden sind jetzt geschlechtergetrennte Toiletten zu finden. Weiterhin wurden im Erdgeschoss mehrere Wände abgebrochen und durch zwei Stützen ersetzt, um Platz für zwei Gruppenräume zu schaffen. Ein weiterer Gruppenraum entstand im Obergeschoss durch die Verbindung von Küche und Wohnzimmer der früheren Abwartswohnung.
Veränderung im Stil des Bestands
Als Folge des Umbaus der Innenräume waren – in Absprache mit der Denkmalbehörde – auch einige Eingriffe an der Fassade nötig. An der Südwestseite ergänzt eine weitere Tür das Fensterband im Erdgeschoss, sodass beide Gruppenräume über Zugang zum Garten verfügen. An der Südostseite wurden einige Türen entfernt und dafür die Fensteröffnungen vergrößert. Diese Veränderung fällt jedoch kaum ins Auge, da sich Brüstungshöhen und Fensteraufteilungen an den Bestandsansichten orientieren. Ebenso unauffällig ist die Erhöhung des historischen Balkongeländers, die nötig war, um heutigen Sicherheitsnormen zu entsprechen. Der untere Teil wurde mit kaum sichtbarem Maschendraht geschlossen – ein Gestaltungselement, das von anderen Projekten der Gebrüder Senn inspiriert ist.
Unauffällig ertüchtigt
Neue Türen und dreifachverglaste Holzfenster mit historischer Profilierung sitzen in den Öffnungen. Im Obergeschoss wurden die innenliegenden Holzrollläden ausgetauscht und im Erdgeschoss in gleicher Bauart an der Nordost- und Südwestfassade ergänzt. Diese Maßnahmen sollen ebenso wie der Austausch der Innendämmung dazu beitragen, den Energiebedarf zu senken. Neuerdings wird das Gebäude von einer Wärmepumpe und einer PV-Anlage auf dem Dach versorgt. Die Oberflächen in den Innenräumen erinnern an die Atmosphäre im Gartenbad: Dazu gehört das kräftige Rot des erhaltenen Klinkerbelags im Treppenhaus und des in den Aufenthalts- und Büroräumen ausgelegten Linoleumbodens. Hellblau sind die Wände gestrichen, weiß die Decken. Letztere sind im Korridor und in den Gruppenräumen akustisch wirksam. Darüber hinaus wurde das ganze Gebäude mit neuen Leuchten ausgestattet.
Flicken statt rekonstruieren
Die Architekt*innen fanden die Sichtbetonfassade in einem sehr schlechten Zustand vor: Über Jahre hinweg war es infolge der Karbonatisierung zu Abplatzungen gekommen und die Bewehrung korrodierte. Die Schadstellen waren unsachgemäß repariert worden, sodass die ursprüngliche, von einer Bretterschalung geprägte Struktur zum Teil großflächig unter mehreren Schichten von Putz und Farbe verschwunden war. Zunächst wurde eine Rekonstruktion der Fassaden in Erwägung gezogen, was bedeutet hätte, eine neue Schicht auf zubetonieren – diese Option wurde letztlich verworfen.
Stattdessen entschied das Planungsteam, situativ zu arbeiten und die Schadstellen sozusagen zu flicken. Dazu war viel Handarbeit gefragt: Je nach Dicke entfernten Betonfachleute die Putz- und Farbflächen entweder mechanisch, chemisch oder mittels Schockgefrierung. Durch das Aufbringen von Trockeneis sinkt die Oberflächentemperatur der Lackschicht rapide ab. Sie will sich zusammenziehen und unter dieser Spannung beginnt der Lack brüchig zu werden, wodurch er sich lichter abtragen lässt.
Der freigelegte Beton wurde tiefenhydrophobiert, zum Schutz vor Feuchtigkeit. Damit die Fassade nicht fleckig zurückblieb, folgte schließlich eine Betonretusche. Dabei glichen die Fachleute die geflickten Stellen an die übrigen Oberflächen an, indem sie eine Art Lasur mit je nach Anwendungsort unterschiedlichen Zuschlägen auftrugen. Diese Technik erfordert einige Erfahrenheit, um einzuschätzen, ob die noch feuchte Masse nach dem Trocknen dem farblich umgebenden Beton entspricht und die gewünschte Homogenität erreicht wird.
Aus dem Vorgehen beim ehemaligen Abwartshaus gewann das Architekturbüro wertvolles Wissen, das in ein Gestaltungshandbuch für künftige, denkmalverträgliche Sanierungsmaßnahmen auf dem Gartenbadgelände einfloss. Mittlerweile wurde mit dem Restaurant ein zweites Gebäude des Ensembles wiederhergestellt.
Bildnachweis: Ruedi Walti, Basel (Fotos); MET Architects, Basel (Pläne)
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