peter haimerl.architektur
Gemeinde Blaibach
Peter Haimerl (Projektleiter); Karl Landgraf, Ulrich Pape, Felicia Michael, Tomo Ichikawa, Jutta Görlich, Martin Kloos (Mitarbeiter); A.K.A. Ingenieure, Projektleiter Thomas Beck (Tragwerksplaner); Circe, Michael Hopf (HLS); Planungsbüro Stefan Schmid (Elektroplanung); Müller-BBM (Akustikplanung); Zankl Beton Viechtach (Beton)
2014
Blaibach
Massivbau
Dämmbeton mit Glasschaumschotter
Architekturpreis Beton 2017, Deutscher Architekturpreis 2015 - Auszeichnung
Das Konzerthaus in Blaibach hat eine Geschichte, die zeigt, was Engagement für Architektur bewirken kann. Der Gemeinde Blaibach im bayrischen Wald, die mit Abwanderung zu kämpfen hat, hat der Architekt Peter Haimerl einen Vorschlag gemacht, mit dem sie sich für das Landesprogramm „Ort schafft Mitte“ bewerben konnte. Haimerl erbat sich, bei einer erfolgreichen Bewerbung, die Ausführung des Projekts planen zu dürfen. Neben dem Umbau und der Erweiterung des Bürgerhauses sowie der Sanierung eines weiteren alten Hauses war mit der Umsetzung der Bewerbung der Abriss eines Bäckerhauses verbunden. Zentraler Baustein des Konzepts war aber vor allem der Neubau eines Konzerthauses, das dank der Unterstützung des Baritons Thomas Bauer entstehen konnte. Im Herbst 2014 wurde es eingeweiht. Es ist das Herzstück der Revitalisierung des Orts.
Das Konzerthaus bietet Platz für 200 Zuhörer, auf der Bühne können bis zu 60 Musiker untergebracht werden. Die abfallende Topographie des Geländes in der Dorfmitte ausnutzend, ist das Konzerthaus wie eine gekippte Schachtel in die Erde eingegraben. Damit wird die Dominanz des Volumens gemildert, das ansteigende Parkett nachgezeichnet, die Räume im Innern bekamen so eine angenehme Höhe, die Sondernutzung als Konzerthaus erhält ihre eigene, besondere Form. Im Untergeschoss lagern sich unter dem kleinen Platz der neuen Ortsmitte die Nebenräume an, neben dem Haupteingang, der von Norden unter dem Quader in ein kleines Foyer führt, wurde im Süden ein behindertengerechter Eingang geschaffen. Im Innern sorgen auskragende Flächen in verschiedenen Neigungen für eine gute Akustik – trotz der Oberflächen aus Beton. Tiefenabsorber und Beleuchtung sind in den Wandschlitzen sowie unter den Stuhlreihen angebracht.
Von außen wird das Konzerthaus durch eine Fassade geprägt, die an Waschbeton erinnern mag. Tatsächlich aber besteht sie aus Platten mit in ein Betonbett eingelegten, grob behauenen Granitsteinen. Damit arbeitete der Architekt mit einem für die Region und den Ort typischen Material. Das Konzerthaus selbst besteht aus Ortbeton und zwar aus einem Dämmbeton mit Glasschaumschotter, der komplizierte Schichtungen und für Schäden anfällige Details vermeiden hilft. In der Körnung von 0/16 und einer Druckfestigkeitsklasse LC 8/9 ist dieser Beton wahrscheinlich weltweit das erste Mal eingesetzt worden. Der Dämmbeton mit Zuschlag aus recyceltem Glas, das aus der Region stammt, weist besonders gute Dämmeigenschaften und ein geringes Eigengewicht auf. Ab einer Wandstärke von 40 Zentimetern sind bei einem Bau dieser Nutzung keine zusätzlichen Dämmschichten mehr nötig.
Dass Sichtbeton die Oberfläche des Inneren bildet, ließ sich freilich nur durch die mehrfach in verschiedene Richtungen gekippten Flächen von Wänden und Decken ermöglichen; gerade Flächen wären aus akustischen Gründen ungeeignet. Für die entworfene Geometrie bedurfte es einer besonderen (und bezahlbaren) Schalungstechnik, die eine österreichische Firma erstellt hat. Sie ist eigentlich im Fahrzeugbau tätig und nutzte hier Kenntnisse aus dem Maschinenbau. In eine Rahmenschalung von über einem Meter Tiefe wurden an der Innenseite CNC-gefräste und zu größeren Einheiten vormontierte Sonderelemente montiert. Anschließend wurde die Bewährung angebracht und die Außenschalung montiert. Erst dann konnte befüllt werden. Dass man sich im Inneren wie in einem archaisch anmutenden Kristall zu befinden meint, war also nur dank hochmoderner und aufwändiger Technik und dem Engagement einer kompetenten Firma zu verdanken, die bereit ist, sich auf das Wagnis des Neuen einzulassen.
Bildnachweis: Edward Beierle Fotodesign, München
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