Axel Schultes und Charlotte Frank, Architekten, Berlin
Stadt Berlin
Bilfinger + Berger, NL Berlin (Bauunternehmen) und Schalungsbau Roxheim; Peri, Berlin (Projektbetreuung)
2001
Berlin-Treptow, Friedhof Baumschulenweg, Kiefholzstraße 221
Über den Stützenköpfen kreisrunde Öffnung in der Betondecke
Das Krematorium am Baumschulweg liegt im Berliner Stadtteil Treptow. Die Pläne für den Neubau stammen aus dem Büro von Axel Schultes und Charlotte Frank (Berlin), den Architekten des Bundeskanzleramtes. Das vergleichsweise kleine und kompakte Bauwerk kann man als Vorläufer des Bundeskanzleramtes lesen: Auch das Krematorium ist als dreischiffige Anlage innerhalb einer Spur geplant worden. Nach außen weisen drei skulptural ausgeformte Schornsteine, die bündig aus der Westseite des ansonsten streng symmetrischen Baukörpers stoßen, auf die Funktion des Krematoriums hin.
Dem Entwurf ist die Begeisterung für die Arbeiten von Louis Kahn unschwer anzusehen: Kahns Umgang mit archaisch anmutenden Großformen, hergestellt mit den Materialen und in der Formensprache der Moderne und seine Inszenierung des Tageslichtes inspirierten die Planer zu ihrer modernen Interpretation eines nicht an eine Konfession gebunden Raumes zum Abschied.
Die zentrale Halle stellt dabei den eindrücklichsten Raum dar: Auf quadratischem Grundriss generiert sie ihre Wucht insbesondere aus den unregelmäßig im Raum verteilten, schlanken Stützen, die die Architekten mal zu Gruppen zusammen, mal einzeln in der Leere gestellt haben. Über dem Stützenkopf ist jeweils eine kreisrunde Öffnung aus der Betondecke ausgespart, die punktuell und dramatisch Tageslicht in den Saal fallen lässt. Die Verbindung zwischen Decke und Stütze bleibt dem Betrachter zunächst verborgen, hergestellt wird er über einen schmalen Anschluss in der Deckenebene. Leere - zum Teil mit feinem Sand angeschüttete - Nischen in den haushohen Wänden vermitteln das Gefühl, in einer antiken Grabkammer und nicht in einem Neubau des 21. Jahrhunderts zu stehen.
Prägend für den Raumeindruck ist der Umgang mit dem Material Sichtbeton. Die archaische Formensprache und die sakrale Bauaufgabe verlangen nach einem „ewig“ haltbaren, mineralischen Material. Die kühlen und samtigen, hellgrauen Betonoberflächen erzeugen eben dieses Gefühl der Zeitlosigkeit. Große Sichtbetonflächen mit positiv sichtbaren Fugen erwecken den Eindruck riesiger Gesteinsblöcke. Unterstrichen wird dies durch ein aufsteigend variables Höhenraster von 82 bis 105 cm. Die Wände wurden teilweise bis 10,15 m in einem Guss betoniert.
Die haushohen Vorräume mit bis zu 55 cm mächtigen Wänden und die Dachplatte sind gegliedert durch präzise gesetzte, klare Schattenfugen und regelmäßig angeordnete Ankerstellen, die mit speziellen Betonkonen erstellt wurden. In den Übergangsbereichen Wand/Decke wurden die gewünschten Oberflächen durch jeweils 1/4 versetzte Plattenstöße erzielt.
Bildnachweis: Peri, Weißenhorn (1+2); Benedikt Hotze, Berlin (3)
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