Jorge Urias Studio, Ciudad Juárez / New York (Jorge Urias Garza, Alberto Carrillo, Alberto Duarte, Hugo Santana)
E.C.U.S.A. (Projektingenieure); El Paso Concrete Systems (Montage Fassadenpaneele); GCC - Grupo Cementos de Chihuahua (Beton)
2016
Anapra, Ciudad Juárez, Chihuahua, México, Calle Remora
Bei einem Ladenbau in der mexikanischen Stadt Ciudad Juárez setzte der Architekt Jorge Urias „fleckigen Sichtbeton“ als gestalterisches Mittel ein, das zusammen mit einem Oberflächenrelief der Fassade Charakter verleiht. Das schicke Gebäude befindet sich in Anapra, einer informellen Siedlung, die alles andere als schick ist. Direkt an der Grenze zu den USA gelegen, ist es eines der Armenviertel am Stadtrand, deren Bewohner in den zahlreichen Unternehmen arbeiten, die für die Vereinigten Staaten produzieren und das Lohngefälle für ihre Zwecke nutzen.
Die fünf Ladeneinheiten in dem eingeschossigen Neubau bestehen aus jeweils einem Raum mit kleinem WC. Sie orientieren sich mit ihren zurückversetzten Glasfassaden zur Rancho Anapra, der Hauptstraße des Viertels, oder sind von dort aus sichtbar. Der Architekt sieht in dem Umfeld nicht nur Negatives: Er betont den Reichtum an Texturen und zur Schau gestellten Materialien, die – dank der Kreativität der Bewohner und trotz knapper ökonomischer Ressourcen – die einzigartigen Bauten der Siedlung prägten. Zudem faszinieren ihn die informellen Prozesse, die diese Nachbarschaft ermöglicht, etwa die Marktstände, die an den Straßenrändern aufploppen und bei Dunkelheit wieder verschwinden. Das gezackte Relief der Fassade soll diese beiden Aspekte – das Rohe, Unfertige sowie das Lebendige und Wandelbare – des Viertels unterstreichen.
Die Stahlbetonpaneele mit dem gezackten Oberflächenrelief bedecken lediglich die zur Siedlung ausgerichtete Nord- und Ostfassade, die beiden anderen Gebäudeseiten sind aus Betonsteinen gemauert, einem für diese Gegend sehr typischen Baumaterial. Hinter den ungedämmten Fassaden verbirgt sich eine Stahlkonstruktion, die den Lastabtrag in die Fundamente übernimmt. Das Dach ruht auf einem etwa 80 cm hohen Stahlfachwerkträger.
Die Fassadenpaneele wurden vor Ort liegend auf der bereits fertiggestellten Bodenplatte betoniert und nach dem Aushärten in die Senkrechte gehoben (Tilt-up-Verfahren). Trennmittel sorgten für ein sauberes Ausschalen. Für das Relief verwendete man gefaste Holzleisten, die nach genauen Vorgaben der Architekten auf dem Boden fixiert wurden. Mit etwas Abstand darüber wurden die Bewehrungsmatten sowie die Montagehaken aufgebracht; Holzrahmen formten die seitlichen Begrenzungen der Paneele. Besonderes Augenmerk legten die Planer auf die Ausführung, um auch über mehrere Paneele hinweg durchlaufende Relieflinien zu erreichen. Am anspruchsvollsten war die Herstellung der nordöstlichen Ecke, wo sich das Relief über die Stirnseite eines der Paneele hinweg um 90 Grad dreht. Der verwendete Transportbeton hatte ein Gewicht von 250 kg/cm² und wurde von Hand geglättet.
Die 20 cm starken Fassadenplatten wurden in Höhen von bis zu 6,80 m und Breiten von 1,20 bis 8,10 m gefertigt. Sie sind selbsttragend ausgebildet, bzw. sützten sich über Vor- und Rücksprünge gegenseitig: Jene Abschnitte, die nicht im Boden rückverankert sind, ruhen auf den benachbarten Paneelen; die Befestigung an den Stahlfachwerkträgern verhindert ein Kippen. Die Fugen wurden mit einem elastischen Dichtstoff versiegelt. -chi
Bildnachweis: Rafael Gamo, Mexico City / New York für Jorge Urias Studio
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