Norihiko Dan and Associates, Tokio
Uemura LLC, Tokio
Norihiko Dan, Nobuaki Yamada, Eiji Sawano, Yoshitaka Tenmizu (Designteam); Arup Japan (Tragwerksplanung); Setubikeikaku, Tokio (Elektroplanung)
2013
Shibuya, Tokio, 5 Chome-1 Jingūmae
Die Omotesando ist die wohl prächtigste Einkaufsstraße Tokios. Einst als Prozessionsweg zum Meiji-Schrein gebaut und heute von üppigen Zalkova-Bäumen gesäumt, reiht sich dort ein Flagshipstore an den nächsten. Geplant wurden sie fast ausnahmslos von bekannten Architekten, darunter Kengo Kuma, Tadao Ando und Herzog & de Meuron. Mit Norihiko Dan hat sich nun ein weiterer, vielfach ausgezeichneter Architekt dazugesellt. Er entwarf das Keyaki Building, ein achtgeschossiges Geschäftshaus auf einem winzigen Eckgrundstück. Wahrlich keine einfache Aufgabe, denn das Grundstück wird zweiseitig von Toyo Itos L-förmigem Gebäude für die italienische Schuh- und Ledermarke Tod's umschlossen, das durch seine markante, von diagonalen Betonelementen geprägte Fassade auffällt. Dan gelang es, einen respektvollen Umgang zum Nachbargebäude zu wahren und dennoch eine eigenständige Architektur zu entwickeln, die der prominenten Lage gerecht wird.
Mit seiner schwungvollen, wie aus dem Boden gewachsenen Fassade ähnelt der Neubau einem Baumstamm, der die Betrachter in ihren Bann zieht, ohne aufdringlich zu sein. Er erhebt sich auf einem nur gut 190 Quadratmeter großen, unregelmäßig kreisförmigen Grundriss. In den unteren beiden Geschossen ist das Modeunternehmen Hugo Boss eingezogen; Nebenräume und Nottreppe befinden sich in der uneinsehbaren Ecke zum Tod's-Gebäude. Und ähnlich wie bei diesem ist die Tragstruktur größtenteils in der Fassadenebene angeordnet, wo sie sich in Form von Betonstützen abzeichnet. Ihre Oberflächen sind nicht glatt, sondern zeigen deutlich die Struktur der verwendeten sägerauen Brettschalungen. Laut Architekt sollen sie den Bezug zu den Alleebäumen herstellen.
Die Fassadenkonstruktion erforderte ein hohes Maß an Genauigkeit, da alle 136 Stahlbetonstützen, aus denen sie sich zusammensetzt, Unikate sind. Dadurch ließ sich keine der aus Zedernholz und Polystyrol hergestellten Schalungen ein zweites Mal verwenden. Das Grundgerüst des Bauwerks bildet ein Stahlskelett aus vormontierten Trägern mit flachen Profilen, die in den Betonstützen der Fassade verborgen liegen. Mit Ausnahme des untersten und des obersten Stockwerks umfasste ein Montageabschnitt jeweils zwei halbe Geschosse samt Deckenbereich, sodass die fischgrätenähnlichen Gerippe jeweils in der Mitte der späteren Betonstützen verschweißt werden konnten. Der Einbau der Stahlkonstruktion und das Betonieren gingen Hand in Hand: Während in den unteren Geschossen betoniert wurden, erfolgte ein paar Etagen darüber die Montage weiterer Stahlbauteile.
Die Schalelemente für die Betonstützen wurden mithilfe eines 3-D-Gebäudemodells computergesteuert angefertigt. Da in der Nähe kein Lagerplatz zur Verfügung stand und die benachbarten Läden zur Hauptgeschäftszeit keine Beeinträchtigungen erfahren sollten, wurden die einzelnen Schalformen in mehreren Teilen angeliefert und direkt verbaut. Um den baumähnlichen Charakter der Stützen nicht durch Ankerlöcher zu stören, wurden diese sorgfältig geschlossen.
Mit Schablonen stellte man sicher, dass die Fensterrahmen – ebenfalls alle maßgefertigt – in die Öffnungen passen würden. Abschließend wurden alle Betonaußen- und -innenflächen mit einer hydrophobierenden Acryl-Siloxan-Beschichtung gestrichen. Dieses in Japan übliche Verfahren macht die Oberflächen resistent gegen Schimmel und Witterungseinflüsse. Die Wärmebrücken, die sich aus der außen liegenden Tragstruktur ergeben, bereiteten den japanischen Planern übrigens wenig Kopfzerbrechen – ein baukulturell und -wirtschaftlich bedingter Unterschied zum Bauen in Deutschland, der sich auch mit der geringeren Lebensdauer japanischer Gebäude erklären lässt. -chi
Bildnachweis: Kozo Takayama, Hugo Boss und Norihiko Dan and Associates
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