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Plattenpalast in Berlin

Wiewiorra Hopp Architekten, Berlin

Architektur

Wiewiorra Hopp Architekten, Berlin

Bauherr

Carsten Wiewiorra, Berlin

Projektbeteiligte

Kleinschmidt Bau, Berlin (Ausbau); Redstone, Bremen (Dämmung); 8punkt8, Berlin (Fenster und Türen); Martin Böker, Hintersee (Dach); Morgenstern Bauausführung, Spornitz (Fundamente); BMK , Brandenburg/Havel (Montage); Danfoss, Offenbach (Heizung)

Jahr

2009

Ort

Berlin, Wolliner Straße 50

Beschreibung

Bedingt durch den flächendeckenden Bau langweiliger Wohnhäuser in Großwohnsiedlungen ohne Qualität und Anspruch haben Plattenbauten heute ein schlechtes Image. Bauträger und Investoren entscheiden sich meistens für ihren Abriss, um Platz für neue Projekte zu schaffen. Dabei werden nach Meinung von Architekt Carsten Wiewiorra wertvolle Baustoffe verschwendet, da gerade die Großtafelbauweise aus Betonfertigteilen recycelbare Bauelemente liefert, die sich ohne großen Aufwand sofort wieder einsetzen lassen. Um dies zu beweisen, baute Wiewiorra unweit seines Büro einen Prototypen aus Plattenbaubetonfertigteilen im Hinterhof der Wolliner Straße, einem geschichtsträchtigen Ort unweit des ehemaligen Grenzstreifens an der Bernauer Straße in Berlin. Anlässlich des 20. Jahrestages des Mauerfalls wurde der Plattenpalast als Galerie mit wechselnden Ausstellungen eröffnet.

Das außergewöhnliche Projekt, das sicherlich eine Diskussion über den Umgang mit Roh- und Wertstoffen auslösen wird, ist zudem Teil einer Studie des Forschungslabors des Instituts für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken an der TU Berlin. Diese hatte die zentrale Frage der Wiederverwertung von Großflächenplatten aus der Wohnungsbauserie 70 (WBS 70) zum Thema. Untersucht wurden die Einsatzmöglichkeiten recycelbarer Materialien und die damit verbundenen notwendigen Maßnahmen. Im Vorfeld fand eine Bedarfsermittlung für Wohnraum statt und - nach eingehender Analyse - stellt die Studie fest, dass dieser nach neuen Wohn- und Reihenhäusern in kleinerem Maßstab und alternativen Standorten stetig ansteigt. Gleichzeitig sollen bis 2020 rund 350.000 Wohnungen in Plattenbauten zurückgebaut werden.

Als erstes erarbeiteten die Architekten optimale Grundrisse für ein Kleinsthaus, das die Grundbedürfnisse Wohnen, Essen und Schlafen bedient, dessen Struktur jedoch modular erweiterbar und als Baukastensystem bis zu drei Geschossen konzipiert ist. Der Raum basiert auf einem L- oder U-förmigen Grundriss, der sich diagonal in die Höhe entwickelt. Große Öffnungen sorgen für einen hohen Lichteinfall.

Beton

Beim Komplettrückbau der Plattenbauten wird im Allgemeinen eine bauteilzerstörende Abbruchmethode gewählt. Mit dem Ziel demontagefähige und recyclingfähige Gebäudekonstruktionen zu testen, wurden aus aktuellen Rückbauvorhaben Bauelemente zur Wiederverwertung sorgfältig abgetragen. Für das Testgebäude Plattenpalast fanden hauptsächlich Wand- und Deckenelemente Verwendung. Nach Prüfung auf Funktionsfähigkeit und Materialqualität wurden die 13 abgetragenen Platten zunächst im Innenraum der Peter-Behrens Halle unter optimalen Bedingungen aufgebaut. In dieser Phase fand auch ein Vergleich der unterschiedlichen Methoden des Betonsägens und der möglichen Verbindungen statt. Alle wiederverwendeten Baustoffe wurden, ebenso wie die neuen Materialien, auf Umweltverträglichkeit, Energiebilanz und Wiederverwertbarkeit geprüft. Für den Innenausbau sollten ebenfalls recycelbare Baustoffe und Fertigteile Verwendung finden.

Nachdem der Standort für das Gebäude gefunden war, entstand der komplette Aufbau aus mehreren je 5,4 Tonnen schweren Betonplatten innerhalb von zwei Tagen. Über einfache Stahllaschen und Bolzen sind die Platten miteinander verbunden. Schließlich soll der recycelte Bau wieder einfach zu demontieren sein. Die Fundamente sind aus unbewehrtem Beton C12/15 hergestellt, der Erdaushub wurde für die Modellierung des umliegenden Geländes verwendet. Stürze mit einer Bewehrung aus Carbonfasern überspannen die großen Öffnungen, Matten aus Gummigranulat mit Polyurethan-Bindemitteln dienen als Plattenauflager, sodass auf eine Vermörtelung verzichtet werden konnte. Als Verschluss der Fugen und zur Sichtbetonkosmetik kam selbstverdichtender Beton zum Einsatz. Konstruktion und Herkunft bleiben sichtbar. An der Fassade kam ein abgebautes Element prominenter DDR-Geschichte zum Einsatz, das hier weiter existiert. Fenster inklusive Rahmen stammen vom Palast der Republik.

Der Innenraum ist mit einer Silikatdämmung ausgekleidet, die aufgrund ihrer Beschaffenheit über eine hohe kapillare Saugfähigkeit verfügt und deshalb Feuchtigkeit gut puffern kann. Die an der Innenseite der Wand entstehende Feuchtigkeit wird aufgenommen und ins Dämmplatteninnere geleitet. Aufgrund des niedrigen Diffusionswiderstandes kann die Feuchtigkeit später im Raum gut austrocknen. Eine Dampfbremse oder Dampfsperre ist nicht nötig.

Quelle

Baunetz Wissen Beton

Bildnachweis: Carsten Wiewiorra, Berlin außer Bild 3 von Andreas Kimmel, Münster

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