Gerhard Steixner, Wien
Gerhard Jöchl, Langenzersdorf
Gerhard Hejkrlik, Wien (Statik); Hammerl Bau, Wien (Baufirma) Wolfgang Ure, Wien (Schlosser); Tischlerei Gruber, Taufkirchen an der Pram (Bautischlerei); Johannes Schober, Stockerau (Glaserei)
2012
Langenzersdorf, Österreich
In Österreich finden sich noch vereinzelt die sogenannten Presshäuser – kleine Wirtschaftsgebäude der Weinbauern, die der Anlieferung und wettergeschützten Verarbeitung der Reben dienen. Dicht aneinandergereiht liegen sie meist am Fuße der Weingärten auf schmalen Grundstücken in Hanglage. Der eigentliche Gär- und Lagerkeller dagegen ist in der Regel tief in den Berg eingegraben. Auch in der Kellergasse der niederösterreichischen Gemeinde Langenzersdorf gibt es noch ein paar dieser Häuschen. Eines davon fällt jedoch deutlich aus der Reihe. Es gehört einer Familie, die mit ihren überschaubaren Erträgen einen Mini-Weinbau als Hobby betreibt. Anstelle ihres alten, einsturzgefährdeten Presshauses ließ sie sich von dem Wiener Architekten Gerhard Steixner einen Neubau errichten. Der hatte zuvor schon das Wohnhaus für die Familie geplant, das sich etwas zurückgesetzt auf dem gleichen Grundstück befindet.
An diesem orientiert sich auch die Geometrie des aus zwei Teilkörpern bestehenden Neubaus. Funktional entspricht er seinem Vorgänger, unterscheidet sich in der Gestaltung allerdings wesentlich von ihm und hat außerdem einige Besonderheiten aufzuweisen. Dazu gehört eine Dachterrasse, von der aus die Bewohner sichtgeschützt hinter einer mit LKW-Planen bespannten Brüstung über Gasse und Landschaft blicken können. Sie bildet den oberen Abschluss einer der beiden Teile, der durch eine schlitzartige Gebäudefuge von dem zweiten getrennt ist. Dieser zweite weist die Form einer Pyramide mit abgeschnittener Spitze auf.
Der Zugang ins Presshaus erfolgt von der Ostseite unter der an dieser Stelle auskragenden Dachterrasse. Vom Eingang führt eine kurze Treppe in den nur rund 18 Quadratmeter großen Arbeitsraum, in dem die Trauben in Rotwein umgewandelt werden. Im Geschoss darunter befindet sich der eigentliche Weinkeller, dessen vorhandenes Ziegelgewölbe unangetastet blieb. Der von außen ungewöhnlich anmutende Trichter erweist sich von innen als Oberlicht und Entlüftungskamin mit transluzenter Abdeckung. Dieser ist notwendig, damit die bei der Weinlagerung entstehenden warmen Gase abziehen können. Weiteres Tageslicht erhält der bis zu sechs Meter hohe Arbeitsraum über die große Glasfläche der Eingangsfassade, den Schlitz zur südlichen Straßenseite sowie über ein Fensterband auf der gegenüberliegenden Wand zum Garten hin. Zusammen sorgen sie für eine gute Ausleuchtung. Die Treppe zum Keller liegt hinter einer Flügeltür aus Eichenholz, Wände und Decken des Hauses bestehen aus Beton.
Da für die Weinherstellung ganzjährig niedrige Temperaturen erforderlich sind, wurde das Presshaus als Kaltraum geplant; seine Konstruktion ist einschalig. Wände, Dach und Decken bestehen aus 25 cm starkem, WU-Ortbeton C 25/30. Die Oberflächen der beiden Teilbaukörper unterlagen einer unterschiedlichen Behandlung: die linke Haushälfte wurde glatt geschalt, die rechte gestockt. Letzteres verleiht der Fassade ein lebendig raues Erscheinungsbild. Die Wahl der Größe der Schaltafeln oblag der ausführenden Baufirma.
Innen wirken die Wände wie aus Lehm, weil beim Betonieren ein strukturbildendes Vlies in die Schalung eingelegt wurde. Anschließend wurden die Oberflächen sandgestrahlt. Im Gegensatz dazu weisen die Betontreppe sowie Teile des Bodens glatte Flächen auf; sie sind geschliffen und abschließende versiegelt.
Bildnachweis: Gerhard Steixner, Wien
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