Behnisch Architekten, München
(Stefan Behnisch, Robert Hösle)
Stadt Bad Aibling
Stephan Leissle (Projektleiter); Ireta Kraal, Thomas Weitzel (Mitarbeit); Planungsgesellschaft Dittrich mbH (Tragwerksplaner), Werner Dittrich (Projektleitung), Franz Birnböck (Mitarbeit); Behnisch Architekten, Stuttgart, Stefan Behnisch, Stefan Rappold (Freiraumplanung), Andreas Peyker (Projektleitung), Effi Schneider, Jorge Carvajal (Mitarbeit); Bartenbach Lichtlabor, Innsbruck (Lichtplanung); Transplan, München (Energiekonzept)
2012
Bad Aibling, Marienplatz 1
Betonskelettkonstruktion
Gewichtseinsparung durch Hohlkörperdecken
Bad Aibling ist ein Ort mit einer langen Geschichte, Kelten siedelten hier, das Stadtrecht wurde 1321 verliehen, hier eröffnete 1845 das erste Moorbad Bayerns. Die Stadt hat sich in ihrer langen Geschichte schon oft verändert, und wer länger nicht in Bad Aibling war, wird sich wundern, denn gerade in den letzten beiden Jahren hat sich erneut viel getan: Ein neues Rathaus in kräftigem Braunrot, von Behnisch Architekten entworfen, flankiert seit kurzem den Marienplatz dort, wo bis 2011 sein Vorgänger aus den 1970er Jahren zu finden war. Auch der Platz und die angrenzenden Straßenzüge wurden vom Büro Behnisch Architekten neu gestaltet. Weil sich eine Sanierung des alten Rathauses als zu aufwändig erwiesen hatte, fiel die Entscheidung für einen Neubau; in einem VOF-Verfahren setzten sich Behnisch Architekten durch. Ihr Entwurf wird von außen bestimmt durch die kräftige Farbe der Lärchenholztafeln des über einem gläsernen Sockel aufgeständerten Kubus und zwei markanten, zweigeschossigen Loggien. Das zurückgesetzte Erdgeschoss verbindet Gebäude und Platz. Von drei Seiten ist der Neubau zugänglich, die Wege münden in ein zentrales Treppenhaus, das als großzügiges Atrium alle Geschosse mit Bibliothek, Bürgermeisterzimmer, Bürgerbüro und Sitzungssälen miteinander verbindet. Hier finden sich Aufenthaltsbereiche, Sitzgelegenheiten, Ausblicke öffnen sich in verschiedene Richtungen auf Stadt und Landschaft. Läden und ein Café im Erdgeschoss sorgen für zusätzliche Belebung.
Dass sich Platz und Haus selbstverständlich miteinander verbinden, liegt nicht nur am intelligenten Grundriss und dem Weg, der durch das Gebäude führt. Auch der robuste Betonstein, der als Bodenbelag im gesamten Atrium und als Treppenstufen an den außen verwendeten Granit- und Betonwerkstein anschließt, stärkt den öffentlichen Charakter des Atriums.
Das eigentlich besondere an diesem Bau ist allerdings nicht offensichtlich. Eine wichtige Rahmenbedingung für den Neubau war die Entscheidung, den direkt an den Mühlbach angrenzenden Keller des Altbaus zu erhalten, um Kosten zu sparen. Die alte Kellerwand war noch intakt und dicht, sie bildet daher nach wie vor die Ufermauer. Für den Neubau hieß dies vor allem, dass dessen Gewicht nicht zu hoch sein sollte; man sah daher ursprünglich eine Holzkonstruktion vor, die aber aus Brandschutzgründen verworfen wurde. Das Projekt hätte in dieser Form scheitern oder die Kosten hätten für eine neue Unterkonstruktion deutlich steigen müssen, hätte man sich nicht die Flexibilität des Baustoffs Beton zunutze machen können. Eine konventionelle Betonkonstruktion wäre allerdings zu schwer geworden. Dank einer Konstruktion mit Verdrängungskörpern – die eine Gewichtsersparnis von bis zu 35 Prozent erlauben und zudem die Mengen des Bewehrungsstahls reduzieren – konnte man am Entwurf festhalten. Nebenbei senkt eine solche Konstruktion auch den zur Herstellung notwendigen Energiebedarf und ist also nicht nur für Sonderfälle wie in Bad Aibling eine echte Alternative zu üblichen Konstruktionen. Realisiert wurde neben der Betonskelettkonstruktion eine Fassade aus einer Holzständerkonstruktion, die Innenwände sind als Leichtbaukonstruktionen ausgeführt.
Die Betondecken sind in der Untersicht teilweise unverkleidet. Um die Konstruktion leichter zu machen, wurden zwischen der unteren und der oberen Bewehrung der Decken Verdrängungskörper mit Durchmessern von etwa 315 auf 120 sowie 315 auf 140 Millimetern aus Kunststoff positioniert. Die Betonstützen erhielten jeweils zwei Fußplatten; die untere wurde an die vorhandene, aus dem Untergeschoss kommende Bewehrung angeschweißt, an die obere wurde eine Anschlussbewehrung aufgeschweißt oder über Gewindestahlmuffen die konstruktive Verbindung hergestellt.
Bildnachweis: David Matthiessen, Stuttgart; Pläne: Architekten
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