Roefs + Frei Architekten AG, Zug/CH
Stadt Zug/CH
Peter Ott Ingenieurbüro für Hoch- und Tiefbau AG, Steinhausen/CH (Tragwerksplaner); Element AG, Tafers/CH (Betonfertigteile); Schöck Bauteile GmbH, Baden-Baden (GFK-Bewehrung)
2007
Zug/CH, Mattenstraße
Betonfertigteilfassade mit GFK-Bewehrung
Die Schulanlage „Guthirt“ im Schweizerischen Zug erfuhr eine Erweiterung, ohne die in diesem Quartier wichtigen Außenanlagen zu sehr zu reduzieren. Das Besondere dabei: die filigrane Fertigteilfassade aus schlanken Betonelementen wurde mit einer Bewehrung mit glasfaserverstärkten Kunststoff GFK versehen.
Der Wunsch der Schweizer Stadt Zug nach einer Primarschulhauserweiterung und dem Kindergartenneubau ging einher mit der Forderung, den im Quartier Guthirt von der Öffentlichkeit stark genutzten schulischen Außenraum so weit wie möglich zu erhalten, besonders auch den wertvollen Baumbestand. Diese beiden – in einer ersten Betrachtung – sich widersprechenden Tatsachen waren bei der Entwicklung des städtebaulichen Konzeptes wichtig. Bei der Suche nach Grundrissformen für das neue Schulhaus sollten diese beiden Aspekte in Einklang gebracht werden. Die Lösung fand man in einer baulichen Verdichtung um den bestehenden Pausenplatz. Damit wurde es möglich, einen Großteil des wertvollen Baumbestandes zu erhalten oder sogar mit Neupflanzungen zu ergänzen.
Mit etwa 450 m² mehr an bebauter Grundfläche wurde die genutzte Schul- und Kindergartenfläche von den einstigen 2.100 m² auf jetzt zirka 4.000 m² fast verdoppelt. Der Schlüssel hierzu hieß „Verdichtung“ auf bis zu 5 Geschosse. Der frühere Kindergarten wurde abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Insgesamt werden im Neubaubereich 12 Schulzimmer, 8 Gruppenräume, ein Mehrzweckraum und 4 Kindergartenzimmer mit Gruppenräumen untergebracht. Damit konnten auch Schulräume, die in Pavillons in der Nachbarschaft untergebracht waren, jetzt in der Schulanlage Platz finden.
Sowohl Schulhaus- wie auch Kindergartentrakt sind bezüglich Raumstruktur gleich aufgebaut. Im Schulhaustrakt sind zwei der drei Unterrichtsräume pro Geschoss gegen den südlich gelegenen Pausenplatz ausgerichtet, der dritte ist als westlicher Gebäudeabschluss konzipiert. Die Anzahl der Klassenzimmer und Gruppenräume erlauben einen Raumrhythmus, der jeweils zwei Schulzimmer durch einen dazwischengelegten Gruppenraum verbinden lässt. Zusammen mit den Eingängen entsteht ein Erschließungssystem, das eine hohe Nutzungsflexibilität aufweist und auch zwischen den Klassen Formen der Zusammenarbeit ermöglicht, ohne die Erschließungsflächen in Anspruch zu nehmen.
Der Architekt erklärte, dass er Beton als Rohbaumaterial und für die Fassadengestaltung gewählt hat, weil er in ihm ein städtisches Material sieht – denn die Schulanlage befindet sich in einem hochverdichteten Bereich von Zug. Gerade in den Fensterbereichen geben die schlanken Betonelemente dem Hinausschauenden einen gewissen „Halt“, während er auf die Alpengipfel blickt. Gegen eine klassische Lochfassade hätte gesprochen, dass sich bei einer derartigen Konstruktion das Erdgeschoss visuell ablöse.
Insgesamt 800 vertikale Stützenelemente gestalten die Fassade des Schulhausneubaues. Mit ihren Abmessungen von 12 x 16 cm und Höhen zwischen 3 m und 3,50 m sind sie auf horizontalen Bändern vor der raumhohen Fassadenverglasung angebracht. Diese schlanken Elemente, die auch zu Zweier- und Vierer-Gruppen geordnet wurden, dienen als Gestaltungsmittel und übernehmen keine statische Funktion, nehmen jedoch Windbelastungen auf und sind der Witterung direkt ausgesetzt.
Die Besonderheit dieser Elemente liegt in ihrer Bewehrung aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). Denn durch die extrem schlanke Bauweise von lediglich 12 cm ist auch die Betonüberdeckung sehr gering, was sich in der Ausschreibung in der Forderung nach einer Bewehrung aus rostfreiem Stahl niederschlug. Hier war es jedoch der (steigende) Kostenfaktor, der zur Suche nach anderen Materialien führte. Da es sich beim Objekt Guthirt um ein Schulgebäude handelt, war es einleuchtend, dass die Bauherrnschaft, also die öffentliche Hand der Stadt Zug, hohe Anforderungen an Sicherheit und Dauerhaftigkeit der Fassadenelemente stellte. Um klare Aussagen zum Biege-Bruch-Verhalten von GFK-bewehrten Betonelementen zu erhalten, entschlossen sich die ausführenden Unternehmen gemeinsam mit Prof. Thomas Keller von der EPFL in Lausanne entsprechende Versuche zu starten. Zu diesem Zweck wurden die Elemente im Maßstab 1:1 zum einen mit den klassischen Armierungsstäben und zum anderen mit ComBar bewehrt. Im direkten Vergleich wurden die Versuchsresultate interpretiert. Eine Kernaussage ist, dass bei der GFK-Bewehrung die Last annähernd linear bis zum Bruch anwuchs, es bildete sich kein Fließplateau wie bei Stahlbewehrung. Die erzielten Traglasten lagen um etwa 44 % über den Werten für konventionelle Armierung. Zwar erreichen GFK-Bewehrungen die Duktilität von klassischen Armierungsstäben nicht, sie weisen jedoch höhere Festigkeiten auf, was bedingt, dass der Sicherheitsfaktor höher gewählt werden müssen.
Bildnachweis: Schöck / Frei / Baselgia
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