Oppenheim Architecture Europe, Muttenz
Gemeinde Muttenz
CSD Ingenieure, Pratteln (Generalplanung Anlagentechnik); ERNE Bau, Laufenburg (Generalplanung Bau); WMM Engineers, Münchenstein (Tragwerksplanung); Greuter, Uetendorf (Beratung Spritzbeton); ENVIReau, Courtedoux, mit Unterstützung aQaEngineering, Wallisellen (Verfahrensplanung); WABAG, Winterthur (Aufbereitungstechnik)
2017
Muttenz, Rheinfelderstrasse
Zwischen Industriegebiet und Wald, zwischen Rhein und Grundwasserschutzzone: An der Lage der Trinkwasseraufbereitung Muttenz ist abzulesen, wie in sich gespalten die vom Menschen überformte Landschaft sein kann. Der Infrastrukturbau war nötig geworden, da im Trinkwasser organische Mikroverunreinigungen gefunden worden waren. Eine mehrstufige Aufbereitung des Wassers soll jetzt sicherstellen, dass diese entfernt beziehungsweise abgebaut und unschädlich gemacht werden.
Die Architektur, die sich um die entsprechenden technischen Anlagen hüllt, sucht in Form und Erscheinung die Nähe zur Natur. Den ursprünglichen Plan, einen reinen Zweckbau zu errichten, verwarf die Gemeinde zugunsten eines skulpturalen Gebäudes von Oppenheim Architecture. Das Volumen gleicht einem riesigen rötlichen Felsblock, der, wie ein Grenzstein, den Übergang zwischen Industriegebiet und dem Hardwald markiert.
Hightech archaisch verpackt
Wie ein enges Kleid schmiege sich die Gebäudehülle an, sodass sich das Innenleben darauf abzeichne, schreibt das Architekturbüro. Tatsächlich ist das Dach des Gebäudes als gefaltete Landschaft gestaltet, unter dem die Technik gerade so Platz findet. Die Außenwände sind an den Längsseiten nicht oder kaum geneigt. Einzelne Abschnitte – wie der Haupteingang und der Besucherbereich – sind organischer geformt, wodurch sich im Zusammenspiel mit der porösen Struktur der Hülle und den wenigen, unregelmäßigen Öffnungen eine archaische Wirkung entfaltet.
Eine Grotte als Klassenzimmer
Die Trinkwasseraufbereitungsanlage kann im Rahmen von Führungen von Schulklassen und anderen Gruppen besucht werden. Dafür schuf das Planungsteam einen separaten Bereich, dessen Zugang auf der Rückseite des Gebäudes liegt und sich dadurch zum Wald hin orientiert. Die Besuchergruppen gelangen durch ihn in einen offenen Raum, der durch Strahler im Wasserbecken mystisch beleuchtet werden kann. Die vom rauen, rötlichen Beton geformte Höhle wirkt auf alle Sinne: Reflektionen und Spiegelungen bewegen sich über Wasser und Wände, stetes Fließen und Tropfen von Wasser ist hör-, Feuchtigkeit spürbar. Eine Treppenanlage führt in der künstlichen Grotte nach oben zu einer Plattform, wo eine großformatige Verglasung Einblick ins nüchterne Innere der Anlage erlaubt.
Poröse Hülle aus Spritzbeton
Der Rohbau der Trinkwasseraufbereitungsanlage sowie die Außenwände bestehen aus konventionellem Ortbeton, der innen als Sichtbeton verwirklicht wurde. Um dieses kaum von Öffnungen durchbrochene Volumen legt sich eine Hülle aus Spritzbeton. Die Masse wurde mit Pigmenten rötlich-ockerfarben eingefärbt, um eine erdähnliche Note zu erhalten. Die poröse Textur der Oberfläche war dem Planungsteam wichtig.
Bei den organisch geschwungenen Wandelementen am Eingang handelt es sich um Spritzbetonwände, die ohne Schalung betoniert wurden. Das legt auch die geringe Stärke dieser Bauteile nahe. In die Bewehrung, die das Planungsteam stellenweise mit Stahlhohlprofilen ergänzen ließ, wurde stattdessen ein Streckmetallgitter eingelegt, an dem sich der Spritzbeton anlagern konnte.
Bei dem zweigeschossigen Besucherbereich findet sich die rötliche Spritzbetonfassade innen und außen, sodass dieser Raum wie aus einem Guss erscheint. Die aus glattem Sichtbeton erstellte Treppe lagert auf kurzen Sichtbetonscheiben auf, die im Wasserbecken stehen. Dieses wurde mit einer zementösen Dichtungsschlämme beschichtet, um zu verhindern, dass das Wasser in die umliegenden Betonbauteile sickert.
Fassade als Lebensraum
Das Regenwasser fließt über eine Aussparung im Dach in das Auffangbecken im Besucherbereich oder einfach über die direkt anschließende Fassade nach unten. Die grünlichen Spuren des Wassers auf den Wänden, die den Bau schon bald überziehen werden, sind erwünschte Patina. Wie ein künstliches Riff soll die Hülle Leben in ihren Poren und Spalten ermöglichen und dabei optisch immer mehr mit dem benachbarten Wald verschmelzen.
Bildnachweis: Börje Müller, Basel
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