Slope Development / Antje M. Abel, Karlsruhe
Liebers + Kaiser GbR, Karlsruhe
eisenburger Bau, Rastatt (Bauträger); Pittroff Elektro, Karlsruhe (Elektroinstallation); USM Haller, Münsingen/CH (Möbelbausysteme); Meva, Haiterbach (Trägerschalung); Betonbau Kertscher / Henkel, Düsseldorf (Trennmittel); Kiefer Luft- und Klimatechnik, Stuttgart (Betonkerntemperierung)
2007
Karlsruhe, Ohiostraße 8
Radikal pur und in den Materialien durchgängig - das waren die Vorgaben für die Niederlassung eines Medien- und Marktforschungsunternehmens in Karlsruhe. Stadtnah und in dennoch ruhiger Lage im Grünen sollte das IFM Headquarter Europe liegen, außerdem über geeignete Räume für Computerarbeitsplätze verfügen, offene Gebäudestrukturen aufweisen und Repräsentanz nach außen ausstrahlen. Das geeignete Grundstück fand sich auf dem ehemaligen Kasernengelände in der neu erschlossenen Ohiostraße in Karlsruhe, wo im östlich gelegenen Teil ein Wäldchen eine stark frequentierte Verkehrsachse zum Grundstück abschottet und gleichzeitig vom Gebäude aus eine wunderschöne Baumkulisse darstellt.
In selbst auferlegter Disziplin realisierten Bauherr, die Architektin Antje M. Abel und Nutzer Räumlichkeiten ohne unnötige Spielereien. Selbst die einheitliche Möblierung zieht sich durchs ganze Gebäude. So ließ sich der angestrebte Purismus und die Reduktion auf das Wesentliche im Gebäude umsetzen. Es gibt keine Gummibäume oder nie gegossene Yuccapalmen, Fotopins an den Wänden oder mitgebrachte Büroleuchten auf den Schreibtischen. Alles folgt dem Gesamtkonzept des puren Raumes und des konzentrierten Arbeitens - Architektur pur.
Zwei gleichberechtigte Firmengruppen, IFM national und IFM international, teilen sich das dreigeschossige und 55 m lange Gebäude. Dementsprechend ordnete die Architektin die Struktur des Hauses konsequent symmetrisch an. Auf der Westseite befindet sich mittig die gemeinsame zweigeschossige Eingangshalle, darüber ein Konferenzraum, der ebenfalls von beiden Firmen genutzt wird. Insgesamt beträgt die Geschossfläche 3.000 m². An der Süd- und an der Nordseite sind in zweischaligen Betonkernen die Nebenräume wie Aufenthalt, WC und Treppenanlagen untergebracht. Zusammen mit dem Flachdach formen sie den einheitlichen monolithischen Gebäudekubus. Nach Osten und Westen bildet er einen Rahmen für die dazwischen und jeweils nach hinten versetzte Glasfassade des Mittelteils. Das auskragende Dach sorgt für Verschattung und schützt vor direkter Sonneneinstrahlung.
In der Materialwahl wurden Beton, Glas transparent und sandgestrahlt, Gipskarton sowie grauer Velour und geräucherte Eiche als Fußbodenbeläge eingesetzt. Die einzelnen Büroräume sind durch Ständerwände mit weißer Gipskartonbeplankung getrennt. Auf den Gangseiten wechseln sie mit Glaswänden im gleichen Rhythmus ab. Der Raumabschluss der Büros nach außen besteht aus raumhohen Glaselementen mit rahmenlosen Glastüren. Die transparenten und transluzenten Glasflächen sind gleichzeitig Lichtkörper, die - durch Zeitschaltuhren gesteuert - abends automatisch die Gangzonen beleuchten. Durch das Licht der Up-Lights scheinen sich die Raumkanten aufzulösen. Zudem hebt es die verschiedenen Materialien und Oberflächen hervor. In den Großraumbüros hat jeder Arbeitsplatz eine Einzelleuchte, nur die Flurzonen und die Betonwände sind durch Up-Lights beleuchtet. Sämtliche Leuchten sind aus mattem Alu und fügen sich unauffällig in die Strenge des Gebäudes ein.
Die Verwendung der Materialien Beton und Glas setzt sich auch im Außenbereich fort. Sowohl die Fahrradunterstellplätze als auch die Mülltonnen sind in Glascontainern untergebracht, die als einfache Steckkonstruktion aus verzinktem Stahl und sandgestrahlten Scheiben gefertigt sind. Baumreihen setzen in ihrer geometrischen Anordnung einen Akzent zum Wäldchen, Rasenflächen kontrastieren mit den Fahrspuren aus Betonsteinpflaster.
Das Gebäude ist komplett aus Beton erstellt. Sowohl an den Fertigteilplatten der Süd- und Nordfassade als auch beim Ortbeton der Geschossdecken und der Wände wurde er als Sichtbeton belassen. Verwendet wurde ein Beton der Festigkeitsklasse C30/37, als Bindemittel Portlandzement CEM I R. Unter Zugabe von Steinkohlenflugasche SFA und einem vorgegebenen Trennmittel wurde eine insgesamt sehr gute geschlossene Oberfläche erzielt. Zur Vermeidung von Fleckenbildung wurde das Schalöl mit einer Schalölspritze aufgetragen und einem Gummischieber abgezogen. Alle Bauteilkanten sind scharfkantig ausgebildet. Zunächst war unbehandelter Sichtbeton vorgesehen, um den Kontrast zwischen den weißen Innenwänden und des glatten Glases zu betonen. Aufgrund der durch den Herstellungsprozess unregelmäßigen wolkigen Erscheinung der Oberflächen besonders im Deckenbereich, entschied sich der Bauherr, die Flächen deckend lasieren zu lassen.
Als Schaltafeln wurden glatte, nicht saugende Mehrschichtplatten auf Schalträgern verwendet. Das Schalbild der Decken wurde exakt auf die Lüftungsauslässe und Wandabschnitte abgestimmt. Für die großen Wandflächen kamen raumhohe Schaltafeln mit Abmessungen von 3 x 2,50 m zum Einsatz. Aufgrund der eingesetzten Flachdecken konnte die Konstruktion sturzfrei ausgebildet werden. Die Decken laufen durch und sind komplett sichtbar. Die Schaltafeln dafür betrugen in den Maßen 2,50 x 5 m.
Bauphysikalische Besonderheiten
Eine Bauteilaktivierung auf Luftbasis heizt das Gebäude im Winter und kühlt es im Sommer. In den 30 cm hohen Betonflachdecken ist das gesamte Rohrsystem untergebracht, das die gekühlte oder beheizte Luft im Gebäude verteilt und über integrierte Auslässe in den Betondecken der jeweiligen Räume ausstrahlt. Konvektoren vermeiden in den Übergangszeiten die Entstehung von Kondenswasser an den Glasscheiben.
Die zweischaligen Gebäudekerne der Süd- und Nordseite dienen als Energiepuffer. Im Norden speichert er die Energie, im Süden hält er die heiße Luft in den Sommermonaten ab. Die Wanddicke beträgt in diesen Bereichen 40 cm, wobei die tragende Wand mit 20 cm bemessen ist, die vorgehängte Fassadenplatte ist 8 cm stark. Insgesamt strahlen die Betondecken und -wände im Sommer eine angenehme Kühle ab, die von den Mitarbeitern als sehr angenehm empfunden wird. Die Temperaturen wirken immer ausgeglichen und natürlich.
Bildnachweis: Antje M. Abel, Karlsruhe
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