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Wasserkraftwerk in Töging

Robert Maier Architekten, Neuötting

Architektur

Robert Maier Architekten, Neuötting

Bauherr

Verbund Innkraftwerke, Töging am Inn

Projektbeteiligte

BauCon ZT, Zell am See (Fachplanung); Deutsche Doka Schlaungstechnik, Maisach (Gerüste und Schalungen); Dipl.-Ing. Emil Hönniger Bauunternehmung, Kirchseeon (Betonfertigteile der vorgehängten Betonfassaden); Reckli, Herne (Schalungsmatrizen); V-Met, Sulz (Metallfassaden)

Jahr

2022

Ort

84513 Töging am Inn, Auenstraße 10

Beschreibung

Wo der Inn von Süden kommend einen Bogen durch Bayern macht, da liegt Töging. Die Kleinstadt liegt nicht unmittelbar am Ufer, vielmehr am Innkanal, der 20 Kilometer zuvor vom Inn abzweigt und das Wasser auf sechs Meter Höhe bringt. Bei Töging trifft es auf eine Staustufe, an der bereits seit 100 Jahren Strom erzeugt wird. 2022 wurde das historische Kraftwerk durch einen Neubau von Robert Maier Architekten ersetzt, der deutlich leistungsstärker ist – und sich auch architektonisch stark abhebt.

Wasserkraft seit 1924
Weiße Fassaden und rot gedeckte Zelt- und Walmdächer kennzeichnen die denkmalgeschützte, 1924 fertiggestellte Anlage. Oben sitzt das sogenannte Wasserschloss, unten das Krafthaus. 15 genietete Rohrbahnen verbinden sie, durch die das Wasser einst 30 Meter in die Tiefe schoss, um dann auf ebenso viele Turbinen zu treffen. Ursprünglich versorgte das Kraftwerk eine Aluminiumhütte, bis sie 1996 ihren Betrieb einstellte. Heute gehört es einem österreichischen Energieversorger, der Verbund AG.

Unterirdischer Nachbar
Neue technische Anlagenteile waren nötig, ließen sich in die historischen Gebäude jedoch nicht einpassen. Die Eigentümerin entschied sich folglich für einen Neubau, der leicht angewinkelt südlich des Bestands platziert wurde. Ein Großteil der raumgreifenden Technik wurde ins Gelände gegraben, inklusive der drei massiven Rohre mit einem Querschnitt von jeweils 10,4 m x 12,75 m. 

Übertage zu sehen sind das Oberwasser- bzw. Einlaufbauwerk sowie das Unterwasserbauwerk, bestehend aus Krafthaus und Auslaufbauwerk. Als längliche graue Quader brechen sie aus dem begrünten Hang heraus – ein Eindruck, den die zurückversetzten, schwarzen Fassaden unterhalb der strukturierten Betonblenden verstärken. In dieser Schattenfuge liegen die Zugänge und Anlieferzonen. Das Oberwasserbauwerk verfügt über ein begehbares Flachdach, das unmittelbar mit dem historischen Pendant verbunden ist. Über der Halle des Unterwasserbauwerks erstreckt sich ein Gründach mit zahlreichen Oberlichtern.

Strom für 200.000 Haushalte
Das Wasser fließt in das Einlaufbauwerk hinein und stürzt dann durch die um 26,5 Grad geneigten Druckrohrleitungen in die Tiefe. Im Krafthaus wird es auf eine der drei senkrecht verankerten Turbinen gelenkt, die die mechanische Energie in elektrischen Strom umwandeln. Das Auslaufbauwerk leitet das Wasser zurück in den Innkanal.

Zusammen liefern die drei Turbinen 700 Gigawattstunden Strom pro Jahr – ein Plus von 140 Gigawattstunden gegenüber dem alten Kraftwerk. Rund 200.000 bayerische Durchschnittshaushalte können so versorgt werden. Die Bestandsgebäude nutzt der Energieversorger künftig als Zentrale für seine 120-köpfige Verwaltung in Bayern.

Spezialtiefbau gegen Wasserdruck
Im Herbst 2018 begannen die Bauarbeiten. 420 rückverankerte Bohrpfähle schützen die Baugrube vor dem nachrutschenden Erdreich. Zusätzlich musste sie gegen den hohen Grundwasserdruck gesichert werden. Besonders der artesisch gespannte, fünfte Grundwasserhorizont stellte eine Herausforderung dar: Dieser wird vom Tiefbau des Krafthauses durchdrungen, sodass die Baugrube hier eine dichte Umschließung mit sogenannten Schlitzwänden erforderte.

Diese wurden in zwei Phasen errichtet: Bis in 35 Metern Tiefe sicherte man die frisch ausgehobenen, offenen Schlitze mit einer Bentonit-Suspension, die beim Ausbetonieren wieder abgepumpt wird. Darunter, bei Erreichen des Grundwasserhorizonts, kam stattdessen eine Suspension aus Bentonit, Zement, Hüttensand und Hochofenschlacke zum Einsatz. Diese verblieb im Schlitz und härtete aus. Die dabei im Untergrund entstehende Wand ist zwar dicht, kann jedoch keine statische Funktion übernehmen. Dafür sind die ergänzenden Bohrpfähle da.

Im weiteren Bauverlauf des Krafthauses errichtete man drei Kegelstümpfe für die Turbinen, an denen später die geneigten Druckrohre anschließen sollten. Anschauliche 3D-Modelle erleichterten die Abstimmung bei den komplexen Kegelgeometrien und Spiraldecken. Die Turbinen wurden schließlich per Kran eingehoben.

Beton

Die Stirnseiten von Ober- und Unterwasserbauwerk fallen durch ihre unregelmäßigen, vertikalen Rillen und Wogen auf, die an die Wellen des Inns erinnern sollen. Eine Strukturmatritze aus elastischen Polyurethan-Elastomeren erzeugte das Relief der vorgefertigten Betonplatten. Um vorab die Fernwirkung zu testen, wurden zwei Muster mit unterschiedlichen Wellenstrukturen angefertigt und anschließend auf der Baustelle begutachtet. Die Montage der vorgehängten Fassade erfolgte in zwei Phasen: Zuerst wurden 45 Tafeln am Krafthaus angebracht, anschließend 54 am Einlaufbauwerk. 

Besonders ist die enorme Größe: Unten sind die Fertigteile 4,5 Meter hoch, an der oberen Fassade sogar 7,5 Meter. Bis zu 6 Tonnen wiegen die Elemente. Aufgrund ihrer Höhe war es nötig, sie während des Transports um 90 Grad gedreht zu lagern. Um die Tafeln auf der Baustelle gefahrlos aufrichten zu können, wurden zwei zusätzliche Transportanker integriert. Beim Drehvorgang kamen entweder zwei Hebegeräte oder ein Spezialgerät mit zwei Hubwinden zum Einsatz. Eine besondere Herausforderung stellte auch die sich verändernde Topographie dar. Durch die Geländeversätze von bis zu 30 m agierte man in einigen Bereichen von Arbeitskörben aus, statt von herkömmlichen Arbeitsbühnen.

Die Sockelfassaden sind nicht mit Betonplatten verkleidet, sondern mit schwarzen, vertikal angeordneten Mäanderblechen. Diese erinnern an die vertikalen Stahllamellen der Rechenanlagen im Einlaufbereich des Kraftwerks, die dort verhindern, dass Schwemmgut in die Turbinen gelangt.

Quelle

Baunetz Wissen Beton

Bildnachweis: Johannes Wiedl, Rainer Taepper, Kasjan Choroba, Willax Fotografie (Fotos); Robert Maier Architekten (Pläne)

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