Franz & Sue, Wien
Baugruppe Bloch-Bauer-Promenade 23 Real
Petz zt, Wien (Tragwerksplanung); Schöberl & Pöll, Wien (Bauphysik); BPS Engineering, Wien (Gebäudetechnik); EPBS (Elektroplanung); Hoyer Brandschutz, Wien (Brandschutzplanung); A Quadrat Ziviltechniker, Tulln (ÖBA); Alfred Trepka, Ober-Grafendorf (Stahlbetonfertigteile Fassade)
2019
Wien, Bloch-Bauer-Promenade 23
Nicht nur über den Tellerrand geschaut, sondern geradezu mit Anlauf darüber gehüpft ist das Architekturbüro Franz & Sue bei Planung und Bau des Wohn- und Geschäftshauses Stadtelefant in Wien. Statt sich auf die gestalterischen Aufgaben zu beschränken, gründete man zusammen mit befreundeten Planungsbüros eine gewerbliche Baugruppe, um sich anschließend ein siebengeschossiges Gebäude als neue Heimstätte und Ort des lebendigen Austauschs in Sachen Architektur zu errichten.
Der Bau befindet sich im Sonnwendviertel – die Wiener Version eines jener riesigen Neubaugebiete, die sich in den letzten Jahrzehnten in europäischen Städten durch die Umstrukturierung von ehemaligen Bahnflächen ergeben haben. Er besetzt dort in einem Wohnquartier eine Restfläche, die unmittelbar an ein Parkhaus grenzt. Im Süden vor dem Haupteingang bleibt durch einen kleinen baumbestandenen Platz etwas mehr Raum.
Zwei Seelen in einer Brust
Neben Franz & Sue gehörten der Baugruppe, die das Projekt selbst entwickelt, geplant, errichtet und finanziert hat, zwei weitere Architekturbüros, eine Brandschutzplanungsfirma und ein Bausoftware-Entwickler an. Für das Entwurfsteam war es in diesem Prozess spannend, Grundsätze der Entwicklung von Immobilien und gestalterische Ideale unter einen Hut bringen zu müssen. Mit vorgefertigten selbsttragenden Sandwichpaneelen wurde für die Fassade eine rationale Plattenbauweise gewählt. Weit auskragende Balkone und Variationen im Öffnungsraster sorgen jedoch für einen unverwechselbaren Charakter des Gebäudes.
Der intensiven Ausnutzung der möglichen Geschossfläche stand die Idee gegenüber, möglichst hohe Räume zu schaffen, mit denen das Flair eines Wiener Gründerzeithauses in eine zeitgemäße Architektur übertragen werden sollte. Schließlich opferte man ein halbes Geschoss, um durchgehend 3,20 Meter Raumhöhe zu erreichen. Sechs Stockwerke sowie ein Staffelgeschoss umfasst der Bau; die Gewerbeflächen befinden sich vornehmlich auf den Etagen eins bis fünf. Obenauf befinden sich eineinhalb Geschosse mit Wohnungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Planungsbüros. Ein Teil davon wird allerdings inzwischen ebenfalls gewerblich genutzt: Ein befreundetes Tragwerksplanungsbüro hat hier Unterschlupf gefunden.
Architekturcluster im Neubaugebiet
Das Epizentrum des Gebäudes befindet sich allerdings im Erdgeschoss, das sich nach Süden zum Platz hin weitgehend verglast zeigt. Ein Restaurant, das gleichzeitig als Kantine und Veranstaltungsort dient, bringt dort Architekturinteressierte, Anwohnerinnen und Anwohner zusammen. Daneben wurde ein Co-Working-Space geschaffen, in den sich unter anderem die Architekturstiftung Österreich und der Verein Architektur in Progress eingemietet haben. Diese Räume zum Wissensaustausch und zur Kooperation, zur Architekturvermittlung und -diskussion sind authentisch, da sie dem Gebäude nicht einfach als Nutzung einbeschrieben wurden, vielmehr ist das Haus selbst aus diesen Prinzipien gewachsen.
Tragende Sandwichpaneele
Kein nachträglich aufgebrachter Vollwärmeschutz sowie Büroflächen, die sich jederzeit flexibel umnutzen lassen: Das waren die Hauptgründe für die Wahl von Außenwänden aus selbsttragenden vorgefertigten Sandwichpaneelen aus Sichtbeton. Ein Treppenhaus und ein Sanitärkern stützen die Geschossdecken im Inneren zusätzlich ab und steifen das Gebäude aus.
Die Betonfertigteile wurden als circa 3,30 mal 3,60 Meter große Paneele geliefert. Dabei gab es drei Varianten: Elemente mit Lochöffnungen, mit Ausschnitten für Balkontüren und geschlossene Platten. Auf der Baustelle wurden die Fertigteile Geschoss für Geschoss montiert. Das Planungsteam ließ die Sandwichelemente versetzen und anschließend die darüberliegenden Geschossdecken betonieren, um mit der Verankerung der Fertigteile im Ortbeton die nötige Aussteifung der Konstruktion zu erreichen. Nach dem Transport zum Einbauort sicherte man die Elemente bis zur Betonage bzw. bis zum Aushärten des Betons durch temporäre Stützkonstruktionen ab.
Auch innen sichtbar belassen
Prägendes Element der Gestaltung sind auch im fertiggestellten Zustand die Fugen zwischen den Bauteilen, die die Modularität der Fassade betonen. Auch im Inneren entspricht der Rohbau des Gebäudes in weiten Teilen dem ausgebauten Zustand. In den Büros wurden die Innenansichten der Sandwichpaneele teilweise noch sandgestrahlt, in den Wohnungen verspachtelt und weiß gestrichen. Die Klimatisierung soll vor allem durch natürliche Lüftung und die Speichermasse des Betons erfolgen. Die Stahlbetondecken wurden hierfür thermisch aktiviert, zudem wurde eine Fußbodenheizung eingebaut. -chi
Bildnachweis: Andreas Buchberger / Franz & Sue, Wien
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