Archimedialab / Bernd Lederle, Stuttgart
Zweckverband Müllverwertung Schwandorf (ZMS)
wh-p Weischede, Herrmann und Partner, Stuttgart (Tragwerksplanung); IB Scholz, Regensburg (HLS); Dömges + Fischer, Regensburg (Projektsteuerung); IB Schicho, Regensburg (Planung Elektro, Aufzug); Dankerl, Willmering (Rohbau); Buchacher Holzleimbau, Hermangor/A (Holzbau)
2009
Auf einer Länge von 140 Metern schiebt sich das Verwaltungsgebäude eines Müllverwertungsbetreibers aus einem 450 Meter langen und 13 Meter hohen Lärmschutzwall. Die Entwurfsaufgabe bestand in der Neuordnung des Geländes und dem Neubau für die Verwaltung des Zweckverbandes Müllverwertung Schwandorf. In ihrer Planung folgte das Stuttgarter Architekturbüro Archimedialab/Bernd Lederle der Idee einer gebauten Landschaft und überlagerte den geforderten Lärmschutzwall mit dem Bürogebäude. Ein begehbares Ensemble sollte es sein, das Landschaft, Betriebshof und Gebäude als Einheit zusammenfasst.
Dem Raumprogramm folgend, gliedert sich das Bauwerk in zwei Teile: den in den Lärmschutzwall auf der Nordseite eingebetteten Verwaltungsbereich im unteren Geschoss und den Sitzungssaal im Obergeschoss. Beide Geschosse werden über einen gemeinsamen Eingang erschlossen, der ins untere Foyer führt und gleichzeitig als Pausenraum, Wandelhalle und Ausstellungsfläche dient. Eine Faltschiebefassade trennt das Foyer vom Innenhof. Über eine großzügige Treppe wird das obere Geschoss erschlossen, wo der Saal über den Lärmschutzwall auskragt, sich hinwegfaltet und einen spektakulären Panoramablick über die Gesamtanlage bietet. Eine doppelt gekrümmte Holzschale bildet den nördlichen Dachabschluss zum Wall und erinnert in seiner Form an ein Ufo. Südlich schließt eine nach oben schräg verlaufende Überkopfverglasung das Geschoss.
Die Raffinesse an Lederles Architektur ist das Verweben des angelegten begrünten Walls als Teil der Landschaft mit der Bürofassade im Norden, sodass Gebäude und Natur zu einer Einheit verschmelzen. Lediglich die Aufenthaltsräume und Besprechungszonen stoßen mit verglasten Öffnungen durch den Wall hindurch und schaffen einen städtebaulichen Bezug zur angrenzenden Ortsanlage Dachlhofen. Ansonsten orientieren sich die Büroräume nach Süden. Zwischen dem westlichen Bürotrakt und dem auskragenden Saal ist ein Hof für die Mitarbeiter und Besucher geplant.
Der Bürotrakt ist mit Zellenbüros und innenliegendem Gang ausgebildet. Durch integrierte Schränke und andere Möbelelemente sind flexible Raumaufteilungen und -größen möglich. Damit genügend Licht in die Gänge fällt, sind die Trennwände zu den Büros aus transluzentem Material in Form von zweischaligen Profilglaselementen ausgebildet. Eine großzügige Doppeltüranlage trennt den Sitzungssaal vom oberen Foyer. Trotz Erdwall im Rücken wirken die Räume und Flurzonen erstaunlich hell.
Der ingenieurtechnisch anspruchsvolle Komplex besteht aus einer Stahlbetonkonstruktion aus Ortbeton mit Bodenplatte, Streifenfundamenten unter den senkrecht aufgehenden Wänden und der Decke. Nur im Bereich der Westseite verläuft die Außenwand der Kontur des Walls folgend im Winkel von 42 Grad. Das obere Geschoss liegt auf zwei gebogenen Wandträgern auf, die zugleich den Eingangsbereich ins Foyer fassen.
Insgesamt 120 m lang und zwischen 8 und 18 m breit ist der Verwaltungstrakt im Erdgeschoss. Die Deckenplatten wurden als Flachdecken ausgeführt. Sie sind liniengelagert und spannen im Bereich des Westflügels zwischen den Querwänden. Die Deckenstärke beträgt 30 cm bei einer Spannweite zwischen 7,50 und 9,50 m. Die Querwände sind als Halbfertigteile aus Stahlbeton mit Ortbetonverguss als Dreifachwände hergestellt, sie sind 24 cm stark.
Konstruktiv aufwendiger ist die gekrümmte Außenwand an der Westseite zum Wall, die als Ortbetonwand mit einer Wandstärke von 50 cm den erdseitigen Abschluss bildet. Die obere Lagerung der Schräge erfolgt auf einem Ortbetonüberzug mit einer Breite von 24 cm und einer Höhe von 1,00 m, der zwischen den Querwänden spannt. Die Stützen, Decken und Wände der Büroflure mit den Besprechungszonen sind in Sichtbeton hergestellt und teilweise mit einer farbigen Lasur versehen.
Räumlich spannend und entsprechend aufwendig ist der Sitzungssaal konstruiert. Er besteht aus einem Betontisch, der auf zwei Wandscheiben steht und als Auflager für das hölzerne Raumtragwerk dient. Der Betontisch ist auf einer Seite 100 cm stark und verjüngt sich auf der etwa 12 m langen Auskragung auf 25 cm. Quer zu den Wänden kragen im Bereich der Deckenöffnung insgesamt vier Unterzüge aus. Die Verbindung des Betontisches mit den Deckenscheiben des Verwaltungsbaus gewährleistet die Aussteifung.
Die doppelt gekrümmte Holzschale liegt auf zwei außen liegenden Überzügen des Betontisches sowie auf Stützen auf, die auf dem Deckenrand stehen. Die Stöße der Brettschichtholzträger sind alternierend gelenkig angeschlossen und durch einen Randträger zum Dachrand abgeschlossen. Nach außen ist die Holzkonstruktion verschalt, die Wärmedämmung ist darüber angeordnet. Abschließend folgt die Dacheindeckung aus zwei Lagen Brettern. Während die erste Lage 3,50 m zwischen den Hauptträgern als Zweifeldträger spannt, überdeckt die zweite die Fläche im Winkel von 10 Grad. Im Bereich des Giebels kragt die Dachkonstruktion rund 2,50 m aus.
Bildnachweis: Archimedialab / Bernd Lederle, Stuttgart
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